Sportfreunde Stiller: „Siehst du das genauso?“

Meine Lieblingsszene der Sportfreunde Stiller ist in dem Video zum Hauptschul-Liebeslied „Siehst du das genauso?“ enthalten. Da fährt irgendwann eine U-Bahn vom Bahnhof ab – und mitten in dieses ohnehin eindrucksvolle Symbol für den Abschied wird dann noch Sänger Peter eingeblendet. Der spielt ein hochemotionales Solo auf der Akustischen, guckt ernst, legt seine hohe Denkerstirn in Falten. Was er wohl in diesem Moment gefühlt haben mag? Doch die bajuwarischen Lokalpatrioten machen ja sonst lieber auf locker, spielen sich den verdammten Arsch ab, haben Texte für alle, generieren simple Parolen, sprechen die Grundbedürfnisse der Jugend an. Rülpsen sogar einmal vor einem Song und gucken dann, als wären sie es gar nicht gewesen. Ein Statement möglicherweise, das wir aber nicht verstehen können, da wir eben nicht locker genug sind. Wir sind verkrampfte Subalterne, die sich im verwanzten Kabuff einschließen, um dort kluge Texte und geschmäcklerische Töne mit selbstgefälligem Kennerblick zur Kenntnis zu nehmen. Unsere Meinung dazu teilen wir dann wenigen Auserwählten mit, die genauso sind wie wir. Der fröhliche Bedenklos-Rock der Sportfreunde nebst ihrer Mischpoke ist deshalb eine Belästigung. Wir krakeelen nicht die „Wunderbaren Jahre“, denn wir hatten ja wahrscheinlich nie welche. Wir springen nicht auf, wenn bei dem Kracher „Ich Roque“ die Fetenhölle im Studentenclub lodert, tragen keine aufgeknöpften Holzfällerhemden, sind keine Festival-Kampfschweine, erfreuen uns nicht am Geruch eines frischen Bierschisses oder der Wiedergeburt des Umhänge-Keyboards.

Den niedlichen Taumeln verging zwischenzeitlich allerdings auch etwas die Freude. Die Plattenfirma machte schlimmen Druck; der ROLLING STONE führte ein Konfrontations-Interview, das den lieben Burlis nicht schmeckte. Der Redakteur überlebte die Folgen dann auch nur knapp. Ein Song der „Sportis“ heißt „Ans Ende denken wir zuletzt“. Wir sehen das nicht genauso und empfehlen, die Sache noch mal kritisch zu hinterfragen. Indes: Die Bewegung der „Neuen Deutschen Helden“ (arte) braucht natürlich noch ein Kumpelnest. Es steht in München und bietet Pumuckl-Reime, Massenbierhaltung sowie das irgendwie unbeschreibliche Gefühl, Teil einer Jugendbewegung zu sein. Und wenn sie nur ins Leere läuft.

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