Strandjungen und Efeu-Trips: Die Alben der Woche vom 3. April

Brian Wilson liefert eine Spätherbstplatte mit Auto-Tune und vielen Gästen, die Young Fathers dehnen das Hip-Hop-Genre mittels komplexer Soundcollagen und Waxahatchee alias Katie Crutchfields setzt ganz auf romantische Geschichten. Unsere Alben der Woche vom 03. April.

Album der Woche:

Brian Wilson – „No Pier Pressure“

Niemandem würde man nach all den Rückschlägen ein Meisterwerk im Spätherbst der Karriere mehr wünschen als Brian Wilson, doch die Zeichen stehen nicht gut. Seine Begleitmusiker gaben sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten zwar alle Mühe, die neuen Wilson-Lieder wie Klassiker klingen zu lassen, doch von der alten kompositorische Klasse war das – mit Ausnahme des fabelhaften „Midnight’s Another Day“ von  „That Lucky Old Sun“ (2008) – weit entfernt. 

„No Pier Pressure“ beginnt mit der hübschen Miniatur „This Beautiful Day“. Wilsons Stimme wurde hier mit allerlei Effekten verjüngt und mit Auto-Tune auf die richtigen Noten genagelt. Sicher gewöhnungsbedürftig, aber auch konsequent, denn in seiner Kunst ist – anders als bei Dylan oder Cohen – kein Platz für alte, ramponierte Stimmen; die Harmonien müssen sitzen, das kalifornische Idyll muss stehen. Bei „Runaway Dancer“ gastiert ein gewisser Sebu Simonian, Keyboarder des Indie-Pop-Duos Capitol Cities, dem man wohl den Auftrag gab, das Lied so mit Beats und Banalität aufzupusten, dass es in der Borddisco der AIDA nicht unangenehm auffällt. Hat er richtig gut gemacht.

Ein Sänger namens Peter Hollens darf „Our Special Love“ mit seiner Schmachtstimme zerstören, und Mark Isham bläst im Instrumentalstück „Half Moon Bay“ etwas zu bedeutungsvoll in seine Trompete. Andere Gäste fügen sich besser ein: She & Him geben „On The Island“ einen netten Bossa-nova-Touch, Nate Ruess macht aus „Saturday Night“ einen schönen 70s-Softrock-Schlager, vor allem aber ist es Al Jardine, der mal allein, mal mit seinen fellow Beach Boys David Marks und Blondie Chaplin die besten Tracks des Albums veredelt: das anrührende „What Ever Happened“ etwa oder das wehmütige „Tell Me Why“.

Am Ende steht Wilsons Lebewohl an die Beach Boys: „Don’t be sad/ There was a time and a place for what we had/ If there was just another chance for me to sing to you“, singt er zu großem Orchester. Wir wollen es ihm wünschen. Hold on to your ego, Brian.

(Maik Brüggemeyer/ROLLING STONE 04/2015)

Weitere Veröffentlichungen:

Das Hip-Hop-Kollektiv Young Fathers aus Edinburgh will hörbar die Grenzen des eigenen Genres dehnen. Mittels komplexen Sound-Collagen versuchen sie sich an einem recht unkonventioneller Pop-Musik. „White Man Are Black Men Too“ überzeugt durch scharfsinnige, politische Texte.

Waxahatchee, die mit bürgerlichem Namen Katie Crutchfield heißt, lässt auf ihrem zweiten Album „Ivy Trip“ sowohl sensible Folk-Miniaturen als auch markante Riffs hören. Doch darüber hinaus sind es vor allem die von ihr erzählten tiefromantischen Geschichten, die sie mühelos über das Gros anderer selbstreflexiver Songwriterinnen hinaushebt.

Liturgy erfinden mit „The Ark Work“ ein völlig neues Genre: Dudelsack-Metal. Dazu gibt es absurden Sprechgesang und zackige Rave-Beats, die das reichlich bizarre Spektakel abrunden.

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