The Thermals live in Berlin: Paten des Sturm und Drangs

Dass The Thermals keine Kinder von Traurigkeit sind, bewies die Band beim Auftritt in Berlin. The Thermals rannten dort das Bi Nuu ein.

Aufgang. Rock. Abgang. Keine langen Stories zwischen den Songs. Keine großen Rockstarposen. Einmal fragen: „Berlin how are you?“ und los. The Thermals machen Indie-Punk für Puristen.

Im schlauchigen Konzertsaal des Berliner Bi Nuu drängt es sich vorne wie hinten. Wer klaustrophobisch veranlagt ist, sollte hierher besser nicht kommen. Der Portlander-Punk-Dreier The Thermals besteht seit 2002 und war seither recht oft und gerne in Berlin gesehen. Kein Wunder, dass die Schlange vor dem Bi Nuu eher länger wird als kürzer.

Drinnen wird Gitarrenmusik zelebriert, als ob Elektronik und HipHop die Charts nie beherrscht hätten. Zwischen den kurzen, wütenden Songs findet man kaum Zeit zu verschnaufen. Der Sound sitzt. Die simplen Bassläufe kommen knackig, die Schrammelgitarre rotzt und die Drums galoppieren hurtig mit. Gelegenheiten, die Faust in die Luft zu schleudern und „Yeah, here’s your future“ oder „I don’t believe you“ unisono rauszubrüllen, ergeben sich dabei genug. Aggressionsmanagement für anonyme Paranoiker ist das.

Die Message der Texte kann man wahrnehmen und für gut befinden, das ist hier aber Nebensache. Politik und Religion spielen zwar eine große Rolle in den Songs, von der Bühne wird aber nichts herabgepredigt. Diskussionen kann man immer noch nach dem Konzert führen. Bei den Thermals funktioniert Rock ganz unprätentiös ohne Aufforderung zum Mitklatschen oder Mitsingen.

Das sechste Album des amerikanischen Dreiers nennt sich „Desperate Ground“, ist Anfang 2013 auf Saddle Creek (bekannt für Bright Eyes und Cursive) erschienen und hält sich eher in braven Gefilden auf. Da dessen Release schon eine Weile her ist, haben sich die Thermals für eine Mischung aus alten Krachern und neuem Material entschieden.

 Wobei die neuen Nummern leider die schwächsten Momente des Konzertes bescheren. Songs wie „You Will Be Free“ oder „Born To Kill“ haben zwar prinzipiell Wumms, überrascht wird man davon aber nicht mehr. Das hat man anderswo schon besser und oft genug gehört. Das – zumindest textlich – apokalyptische „Pillar Of Salt“ oder der Mitgröhlgarant „Now We Can See“ lassen diese Tiefs schnell wieder vergessen. Die Therapie ist nach anderthalb Stunden abgeschlossen, die Patienten schwitzen, haben aber ein erleichtertes Grinsen im Gesicht.

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