The Voice Of Germany: Das Leuchten

Arne Willander schaute gestern das Finale von "The Voice Of Germany" und befindet in seiner TV-Kolumne: Ivy Quainoo triumphiert zu Recht, und wir gucken jetzt "Unser Star für Baku".

Am Ende wüsste man mal gern, wer diese Menschen sind, die tatsächlich dort anrufen. Und sagt dann eine Stimme „Ihr Anruf wurde gezählt“? Singen The BossHoss? Erklingt die Erkennungsmelodie von „The Voice Of Germany“? Auch diese Casting-Show ist ein Franchise-Unternehmen; in den USA tritt nun Christina Aguilera in der Jury an. Quatsch, nicht als Jurorin, sondern als Coach natürlich! Auch dieses Verfahren blieb weitgehend dunkel: Nächtelange Übungseinheiten, quälende Suche nach Songs, aufgeregte Diskussionen, psychologische Streicheleinheiten musste man sich vorstellen. Zu denken gab uns, dass Nena einmal im Taxi vor dem Übungsbunker vorfuhr und dann in der Jacke, noch schwer atmend, neben dem Klavierspieler saß, um sich anzuhören, was die Schülerin vorzutragen hatte.

Das ins Unendliche gedehnte Finale bewies wiederum, dass auch dieser Modus voll Beliebigkeit ist: Bei den „Battles“ sangen zwei Kandidaten im Duett einen Song und fielen sich gegenseitig in den Vortrag, nun bekam jeder Finalist prominente Unterstützung von Profis. Damit strahlte der Glanz der Großen auf ihre Mündel ab – oder überstrahlte sie: Michael Schulte musste erfahren, dass der ihm ähnelnde Ed Sheeran eben doch ein wenig besser singt. Der englische Jugendheld entzauberte und versenkte den Günstling mit einem Akustikgitarren-Auftritt. Schultes Solo-Vortrag später blieb artig und mustergültig. Liebling Max Giesinger ging mit der faden Katie Melua unter, die er auch noch schamlos ansäftelte („Mein Typ“), nachdem er mit seinem Deutschrock-Stück überzeugt hatte. Florences spektakulärer Auftritt schob die ohnehin favorisierte Ivy Quainoo weiter nach vorn. Die laute Kim Sanders, die wahrlich singen kann, hatte keine Chance – und mit dem aufgekratzten „Love Shack“ auch den falschen Song ausgesucht.

Der bramsige Radebrecher Rea Garvey, die ebenso scharfe wie einfältige Mutti Nena, der blasierte Xavier Naidoo (tolle Reiterkappe!) und die überraschend souveränen Boss und Hoss: Wie werden wir die nächste Zeit ohne diese Knallchargen, ohne die roten Stühle, ohne all das Geherze, Gekose und Genecke überstehen? Bei „The Voice Of Germany“ blieben mehr Talente auf der Strecke, als bei „DSDS“ überhaupt angetreten waren. Der rührendste Moment war die kurze Befragung von Mutter Sanders, die zwei Geschwister von Kim aus Texas mitgebracht hatte und weinen musste: Erstmals seit 20 Jahren war die Familie vereint. „Jeder Mensch“, sprach Nena, „hat ein Licht in sich, das leuchtet.“ Auch dafür: Chapeau, danke und tschüs.

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