Transformer – Lou Reed

Anfang 1972 schien Reed, der von seiner neuen Plattenfirma RCA wenig später als „The Phantom Of Rock“ angepriesen werden würde, ausgebrannt und erledigt. Hilfe kam von unerwarteter Seite: David Bowie, aufgehender Stern am Glam-Rock-Himmel, verehrte Reeds expressive Lyrik und bot dem künstlerisch Gestrandeten im Gespann mit Gitarrist Mick Ronson Schützenhilfe an. Doch stand die Kollaboration bei den Sessions derart unter Hochspannung, das sie zeitweilig zu kollabieren drohte. Lous Depressionen und Wutausbrüche konterte Bowie mit stundelangen Weinkrämpfen hinter verschlossener Toilettentür. In nur wenigen Tagen aber schrieb der durch zahlreiche Amphetamin-Injektionen getriebene Reed Songs, die mit zu den besten seines Repertoires zählen: „New York Telephone Conversation“ und „Make Up“, beide für ein von Andy Warhol und Yves Saint-Laurent in Auftrag gegebenes Broadway-Musical gedacht. „“Vicious“ und „Andy’s Chest“, ein Überbleibsel aus Velvet-Tagen. Der Einfluss der Pop-Art-Ikone gipfelt in Reeds einzigem Charthit: „Walk On The Wild Side“ – bizarres Jazz Loungin‘, spartanisch arrangiert von Ronson, inspiriert von Nelson Algrens gleichnamigem Roman. Dazu die faszinierende Raumfahrt-Satire „Satellite Of Love“ und die Heroin-Hymne „Perfect Day“. Schräg auch das Finale: In „Goodnight Ladies“ tönt Reed, begleitet von einen zeitlupenhaften New-Orleans-Begräbnismarsch, wie der von Mandrax zugedröhnte Conferencier aus dem Kinoklassiker „Cabaret“.

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