TV On The Radio – München, Feierwerk

Die Songs von TV On The Radio aus Brooklyn wechseln stetig Herkunft und Farbe. Die Show der Band aus Brooklyn changiert zwischen Herz und Intellekt

Allein diese Band nur anzuschauen ist eine große Freude. Ganz vorne Sänger Tunde Adebimpe, der mit kahl geschorenem Schädel und Bärtchen aussieht wie Isaac Hayes in seinen besten Zeiten, links daneben Gitarrist Kyp Malone mit Afro und Rauschebart, hinten am Schlagzeug Rastamann Jaleel Bunton, am Bass B-Boy Gerard Smith. Vier Repräsentationsformen schwarzer Identität auf einer Bühne und ganz rechts der bleiche hornbebrillte Intellektuelle Produzent und Gitarrist David Sitek.

Es scheint, als ob auch die Musik von TV On The Radio dem ästhetischen Identitätsprogramm der fünf Bandmitglieder folgt und immer wieder Farbe und Genre wechselt. Sitek raspelt monoton die white-boy-Indie-Gitarre, Adebimpe bringt seine beat poetry als Mischung aus Saul Williams und Gil Scott-Heron, Malones helle Harmonien stecken Soul in die Stücke. „Ambulance“ vom (zumindest hierzulande) Debüt „Desperate Touth, Bloodthirsty Babes“, in dem auch Sitek – metaphorisch gesprochen – die Farbe wechselt und die human beat-box gibt, während Adebimpe die hootyine pfeift, eröffnet furios. Es folgt das neue „Dirty Whirl“, bei dem man erstmals Zeuge wird, wie sich der vertrackte Sound von „Return To Cookie Mountain“ auch live umsetzen lässt. Adebimpe bastelt ein Sample aus mundgefertigten Beats, Sitek hängt sich ein Windspiel an den Gitarrenhals, das über das Gesangsmikro den Sound seiner Band etwas verwäscht, Bunton trommelt hubschraubern. Spannend, wie sich jeder der Musiker dem Stück aus einer anderen Richtung nähert und wie sie dann doch alle zusammenfinden. Das klingt fast nach sterilem Soundlabor, und die Musik von TV On The Radio ist in der Tat nicht so rauschhaft wie die einzelnen Ingredenzien es vermuten lassen. Aber während vor allem Sitek und Bunton fast unbeteiligt wirken, tut Adebimpe mit ausladenden Gesten und prägnanten Ansagen alles, um den Funken doch möglichst schnell überspringen zu lassen. „Province“, „Dreams“, „Playhouses“ – mit jedem Stück steigt die Intensität, und als schließlich „Wolf Like Me“, der dynamischste, perfekteste, eingängigste aller TV On The Radio-Songs, über das Publikum hereinbricht, kocht die Halle. „Feel me, completer/ Down to my core/ Open my heart/And let it bleed onto yours.“

Die beiden Eröffnungsstücke von „Cookie Mountain“, „Hours“ und „I Was A Lover“, sorgen für ähnlich nachhaltige Momente, für „Let The Devil In“ kommt schließlich die arg rumpelnde Vorband White Circle Crime Club noch einmal auf die Bühne und setzt ihre monotone Perkussion gegen Adebimpes durchs Megaphon gebrüllte, blues-inspirierte Lyrics. Ganz am Ende gibt’s natürlich das populärste Stück, „Staring At the Sun“. Auch ohne die Harmonien von Celebrations Katrina Ford ein Fest. „Be what you will/ And then throw down your life/ Oh it’s a damned fine game/And we can play all night.“ Sie haben danach zwar nicht die ganze Nacht gespielt, aber ihre Songs ließen einen an diesem Abend nicht mehr los.

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