Wim Wenders und ‚Every Thing Will Be Fine‘: “Es ist nicht die Zeit, die Wunden heilt. Man muss auch etwas dafür tun”

Ein Drama, dass vor allem durch starke Bilder und die Performances von Franco und Gainsbourg besticht und dessen märchenhafte Message man am Ende gerne glauben möchte. Auch wenn das Leben eben in den meisten Fällen kein Film ist.

Den Pressekonferenzsaal im Hyatt am Potsdamer Platz, dem Epizentrum der Berlinale, könnte man langsam in James-Franco-Saal umbenennen. So oft hat der Weltstar in den letzten Tagen dort auf dem Podium Platz genommen um Rede und Antwort zu stehen. Tausendsassa Franco spielt nämlich gleich in drei Filmen mit, die in diesem Jahr auf der Berlinale gezeigt werden. Unter anderem ist der Tausendsassa als Hauptfigur Tomas in Wim Wenders neuem 3D-Drama “Every Thing Will Be Fine” zu sehen, neben der beeindruckenden Charlotte Gainsbourg. Am Dienstag feierte es Weltpremiere, Wenders neuer Film läuft außer Konkurrenz, aber der Regisseur wird am Samstag mit einem Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

Wim Wenders neues Werk ist ein Drama über Heilung und die Macht der Vergebung. Am Anfang der Geschichte sieht man den um Worte kämpfenden, jungen Schriftsteller Tomas (James Franco) durch die eisige kanadische Landschaft fahren. Dann geschieht ein Unfall, der ein Kind aus dem Leben reißt, den Bruder aber überleben lässt und Tomas aus seiner Bahn wirft. Dieses Unglück verknüpft somit Leben der Beteiligten für immer miteinander.

Dass er mit 3D umgehen kann, hatte Wim Wenders bereits in seiner Doku „Pina“ unter Beweis stellt. Auch im Spielfilm-Drama ergibt der Einsatz Sinn, etwa wenn einem plötzlich eisige Schneeflocken entgegen schweben, die die emotionale Kälte des Filmes unterstützen. Besonders die Naturaufnahmen bekommen so eine ungewöhnliche Tiefe.

Die Story plätschert leider manchmal etwas langsam vor sich hin, dies wird aber aufgefangen durch Charlotte Gainsbourg, die eine großartige. trauernde, an ihrem Schicksal fast zerbrechende Mutter spielt; aber auch Franco überzeugt als Mann, der mit sich selbst hadert. Wenders hat mit seinem neuen Film ein düsteres Märchen geschaffen, das trotzdem einen wahren Kern beinhaltet, wie er bei der Pressekonferenz erklärt: “Es ist nicht die Zeit, die Wunden heilt. Man muss auch etwas dafür tun.”

Und so folgt der Film der Geschichte, der drei direkt von diesem Unfall gezeichneten Hauptfiguren, die sich ihren Weg zurück ins Leben erkämpfen. Wenders macht dabei immer wieder Zeitsprünge von mehreren Jahren, so dass der Film am Ende einen Zeitraum von zwölf Jahren überspannt. Tomas, der von Franco immer distanziert und unnahbar gespielt wird, verwandelt seinen Schmerz in eine produktive Kraft. Die Zeitsprünge hätte der Film, wenn man an die Innovationen zurück denkt, mit der sich Regisseur Richard Linklater dieser Thematik im letzten Jahr mit “Boyhood” gewidmet hat, allerdings vielleicht nicht unbedingt gebraucht.

Die Musik des Films, an der nach Wenders Aussage bis zwei Tage vor der Premiere gearbeitet wurde, stammt von Alexandre Desplat, der sich immer wieder ganz klassisch von Alfred Hitchcock inspiriert zeigt. Desplat irritiert den Zuschauer mit bedrückenden Sound-Möglichkeiten; deren implizierte Bedeutungen finden den Weg nie in die Storyline, was auf Dauer etwas anstrengend ist.

“Every Thing Will Be Fine” ist ein Drama, dass vor allem durch starke Bilder und die Performances von Franco und Gainsbourg besticht und dessen märchenhafte Message man am Ende gerne glauben möchte. Auch wenn das Leben eben in den meisten Fällen kein Film ist.

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