With A Wie die erste Casting-Band der Popgeschichte Bildschirme und Charts eroberte. Und warum die gute Laune der Monkees nicht ewig hielt

Die Monkees waren eine lustige Band, und das zu einer Zeit, als die ganze Welt lustige Bands liebte. Sie lächelten. Sie rannten herum wie Charlie Chaplin auf Speed. Sie verliebten sich in schöne Mädchen. Sie sangen. Sie tanzten. Sie hatten keine Pickel. Sie waren perfekt.“ (Lilian Roxon, 1969) Am 9. Februar 1964 starten die Beatles ihre US-Karriere in der Ed Sullivan Show und schreiben Fernsehgeschichte: Fast 73 Millionen schalten an diesem Samstagabend ihren Fernseher ein. Die britische Invasion hat begonnen. Am Bühnenrand steht ein junger Mann und beobachtet fasziniert die Band und ihr Publikum. Es ist der 18-jährige Davy Jones, ebenfalls Engländer und momentan am Broadway als Artful Dodger im Musical „Oliver!“ engagiert. Auch er hat an diesem Abend mit seinen Musical-Kollegen einen Auftritt Steppenwolf die Band der Stunde. Die jugendlichen Zuschauer bauen sich dann auch ganz schnell hohe bei Ed Sullivan, aber ihm ist klar, dass Amerika am nächsten Tag nicht über ihn, sondern über die Beatles sprechen wird. Und er weiß jetzt, was er will: Genauso berühmt und begehrt werden wie die Beatles. Davy Jones hat gute Karten. Als hoffnungsvoller Nachwuchskünstler ist er bei Screen Gems unter Vertrag, und als die beiden Produzenten Bob Rafelson und Bert Schneider ein Jahr später junge Schauspieler für eine TV-Comedy-Serie suchen, hat er das Ticket schon in der Tasche.

Rafelson und Schneider hatten im Branchenblatt Daily Variety eine Anzeige geschaltet: „Madness! Auditions – Folk & Roll Musicians – Singers for acting roles in new TV series, Running parts for 4 insane boys, aged 17-21, have courage to work“. Es meldeten sich 427 verrückte Jungs, darunter Michael Nesmith, ein schlaksiger Musiker aus Texas mit Wollmütze, die zu seinem Markenzeichen werden sollte. Wenig später stießen Mickey Dolenz, ein ehemaliger Kinderstar aus L.A., und Pete Tork, Tellerwäscher und Folkmusiker aus Greenwich Village, dazu – Stephen Stills, der die Rolle angeblich wegen seiner schlechten Zähne und seines schon schütteren Haars nicht bekam, hatte ihn vorgeschlagen.

Das Konzept der Serie basierte auf Comedy und Slapstick, der Plot der Folgen war stets einfach gestrickt. Die in einem Strandhaus residierenden vier Freunde erleben allerlei Abenteuer und Absurditäten und helfen sich gegenseitig aus der Patsche. Stilistisch orientierte man sich an Richard Lesters Beatles-Filmen, zudem enthielt jede Folge auch zwei Musikstücke, die nichts mit der Storyline zu tun hatten – Clips, die auch für sich allein stehen konnten. Die vier Darsteller spielten sich selbst, oder besser: eine leicht überdrehte Version ihrer selbst. Der smarte Michael Nesmith war eine Art Bandleader, ausgestattet mit trockenem Humor und einer gewissen Cleverness, Micky Dolenz gab den Clown, Peter Tork war ruhig und gefühlvoll und Davy Jones der niedliche Frauentyp. TV-Regisseur James Frawley: „Jeder der Jungs verkörperte ein Viertel eines perfekten Mannes“.

Am 12. September 1966 startete die neue Comedy-Show, bis zum 9. September 1968 wurden 58 Episoden von NBC ausgestrahlt und in viele Länder verkauft. Das ZDF zeigte ab 1967 insgesamt 25 Folgen. Die Serie hatte gute Einschaltquoten, aber der wirkliche Renner waren die Singles und Alben, die in diesem Zeitraum veröffentlicht wurden. „Last Train To Clarksville“ toppte im Herbst 1966 die US-Charts, im Dezember schoss „I’m A Believer“ an die Spitze und blieb dort für zwei Monate. Flankiert von Werbekampagnen und allerlei Merchandising-Artikeln wie Monkees-Gitarren, Comics und einer Vielzahl von Klamotten, entwickelten sich die Monkees kurzzeitig zur angesagtesten Band in der US-Pop-Szene. Zu dumm, dass sie auf ihren Alben nicht selbst spielen durften und dass die Songs nicht von ihnen, sondern von Amerikas fähigsten Lohnschreibern stammten: Neil Diamond, Goffin/King, Neil Sedaka, Carole Bayer-Sager, Tommy Boyce & Bobby Hart. Verleger Don Kirshner, der bei dem Projekt die musikalische Oberleitung inne hatte, ließ die ambitionierte Band nicht zum Zuge kommen. Er spielte die Songs mit professionellen Musikern in New York ein, schickte die Bänder quer durch die USA und ließ die Monkees in Los Angeles den Gesang aufnehmen. Schon bald regte sich Widerstand. Als 1967 das zweite Album „More Of The Monkees“ veröffentlicht wurde, von dessen Existenz die Band nichts wusste, war es mit dem Betriebsfrieden vorbei. Kirshner wurde gefeuert, und die Monkees spielten das Album „Headquarters“ ein, das zusammen mit „Pisces, Aquarius, Capricorn And Jones Ltd.“ zu den kreativen Höhepunkten ihrer Karriere gehört. Die Kritiker blieben jedoch skeptisch, die Serie wurde 1968 nach nur zwei Jahren abgesetzt und auch die Plattenverkäufe ließen merklich nach. Der innovative Spielfilm „Head“ war ein kommerzieller Flop, die Band brach auseinander.

Popmusik im Fernsehen gehörte aber ab dieser Zeit zum festen Programmbestandteil. Der gefeuerte Don Kirshner wurde Music Supervisor der CBS Zeichentrickserie „The Archie Show“, die auf den gleichnamigen Comics von John Goldwater und Bob Montana beruhte. Ein typisches TV-Kind der siebziger Jahre war die Serie „The Partridge Family“: bieder, gefällig, harmlos. Produziert wurde die Show ebenfalls von Screen Gems, erzählt wurden die mäßig aufregenden Abenteuer einer Mutter und ihrer fünf Kinder, die in einem bunt bemalten Bus durch die USA touren. Star der Serie war David Cassidy, der zum Teenie-Idol wurde und erfolgreich Platten aufnahm. Als die Serie abgesetzt wurde, sank auch sein Stern. Und er gleich mit ihm. Das Leben als Teenie-Star hatte ihn zermürbt und zum Alkoholiker gemacht. 2001 gelang ihm mit dem -The Nice Sendung das Interesse an den alten Beat-Club-Aufnahmen Album „Then And Now“ ein respektables Comeback. Etwas, das 1986 auch die Monkees Peter Tork, Davy Jones und Micky Dolenz versucht hatten. Ohne Erfolg. Publikum und Kritik verschmähten das Album „Pool It“ einhellig. Michael Nesmith hingegen veröffentlichte immer wieder gute Soloalben. Und schuf 1977 mit „Popclips“ eine Video-TV-Chart Show. Warner kaufte ihm die Idee ab – und machte daraus wenig später MTV.

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