WM-Blog, Folge 8: Der Tom Cruise des Fußballs – Haut Ronaldo raus!

"Die Leute sind neidisch auf mich, weil ich schön bin und reich"

Der Filmjournalist, Kritiker und ROLLING-STONE-Autor Rüdiger Suchsland schreibt hier über die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien.

WM-Blog, Folge 8: Der Tom Cruise des Fußballs – Haut Ronaldo raus!

Ich will ihn einfach nicht sehen. Ich kann seine affektierte Art nicht aushalten. Tom Cruise glaubt man auf der Leinwand kein Wort, und je mehr er sich in harte Macho-Posen wirft, Muskeln zeigt, grinst, um so lächerlicher wirkt er.

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Was Tom Cruise im Kino ist, das ist Ronaldo für den Fußball: Ein Gernegroß, ein lächerlicher Hampelmann. Eine Menschmaschine. Ronaldo ist unsympathisch. Er ist eigensinnig, er spielt sich auf, er will cool aussehen. Er will cool sein, aber er ist gar nicht cool – das ist das Problem.

Was wurde da vor dem Turnier wieder für ein Gewese gemacht: „Wenn Cristiano Ronaldo der Superstar der WM wird, hat er gute Chancen, endlich Messi zu überholen.“ Wenn, ja wenn. Wird er aber nicht. Schon, dass er als Weltfußballer des Jahres Messi schlug, war ein historischer Irrtum.

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Vor zwei Jahren schrieb der Spiegel: „Wenn man beschreiben will, wie Cristiano Ronaldo die Tore schießt, die nur er schießen kann, dann sieht man einen Mann vor sich, 1,86 Meter groß, mit gezupften Augenbrauen und gegelten Haaren, der erst den Torwart fixiert und dann den Ball, der die Angst genießt, die in diesem Moment seine Gegenspieler erfasst, der vom Ball aus fünf Schritte rückwärts geht, der sich breitbeinig aufstellt, die Hände in Coltstellung wie Wyatt Earp im Film, der sich in Vorfreude die Lippen leckt, der mit energischen Schritten anläuft und den Ball mit dem vorderen, inneren Teil des Vollspanns so trifft, dass er über die Mauer der Gegenspieler fliegt, so hoch, als wollte er die Zuschauer hinter dem Tor treffen, um dann urplötzlich die Flugbahn abzusenken und ins Netz zu rauschen.

Wenn es ein Patent für todsichere Freistöße gäbe, Ronaldo wäre der legitime Inhaber. Wie kein anderer Spieler zelebriert er seine Freistöße, wie kein anderer trainiert er diese ballistischen Wunderkurven, während seine Mitspieler schon unter der Dusche stehen.

Diese Akribie und Ausdauer, aber auch der Showdown und die Angeberei, die zu jedem seiner Freistöße gehören, machen seine Art des Spiels aus. Ronaldo hat aus dem schlaksigen, hoch aufgeschossenen Körper eines pubertierenden Jungen den perfekten, athletischen Body eines vollkommenen Spielers geformt, der beidfüßig, schnell, kopfballstark, trickreich inzwischen in jeder Saison über 40 Tore produziert.“

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Also, liebe Amis, ihr Cleansman-Jünger. Heute könnt ihr Helden werden, und wie gestern Uruguayos und Chilenen die Fußballwelt überraschen: Haut Ronaldo raus!

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