111 Songs: F.S.K. – „Nokturn“

In der Rolling-Stone-Beilage: "Pop in Deutschland" haben unsere Autoren 111 Bands und ihre besten Songs zusammengetragen. Hans Nieswandt erklärt, warum „Nokturn“ von F.S.K einer davon ist.

Ich will doch gar nicht mehr in einen anderen Club, nicht mehr in eine weitere dunkle Bar/ Ich habe Angst, ich habe doch Angst, Angst, Angst vor der nächtlichen Menschenschar.“ So neurotisch, so verhuscht gibt sich Thomas Meinecke im vielleicht bekanntesten Lied von F.S.K., einer der dienstältesten deutschen Formationen überhaupt. Die Musik auf dieser Single aus dem Jahr 2008, also einem eher späteren Werk der Band, spricht allerdings eine andere Sprache. Der kaum holpernde und gut scheppernde Groove sowie das klassische Powerpop-Riff laden geradezu dazu ein, sich auf der Stelle in die hedonistischen Strapazen des Nachtlebens zu stürzen. „ Nokturn“ ist zweifellos der größte Dance-Hit dieser auch durchaus Dance-Combo zu nennenden, oft aber als reine Kopf-Band missverstandenen Truppe. Immerhin hat sie sich zwischen Polka, Disco und House an so ziemlich jedem Dance-Style versucht, wenngleich auf stets unkonventionelle, oft sperrig wirkende Art – etwa durch die Verwendung von Wörtern wie ‚wenngleich‘. Bei „ Nokturn“ aber gehen sie äußerst geradlinig zur Sache und sagen, wie es ist bzw. war, das sinnlos-aufreibende Nachtleben nach der Jahrtausendwende, vor dem es kein Entkommen gibt – für niemand.

Zu diesem Zeitpunkt waren Freiwillige Selbstkontrolle schon lange eine Institution. Vor allem die ersten Jahre der in den späten 70er-Jahren in München als Fallout der Punk-Explosion gegründeten Band waren von Kontroversen und Misstrauen geprägt: wegen ihrer Nähe zu Kunst und Mode sowie ihrem Hang zum Hippie-Bashing, das damals zwar auch unter Punks in Mode war, bei F.S.K. aber so provokant daherkam („Sag ja zur modernen Welt!“), dass der Band zum Teil sogar rechte Tendenzen unterstellt wurden, was jedoch ein Riesenmissverständnis war. Diejenigen, die 30 Jahre später zum groben F.S.K.-Funk von „Nokturn“ durch die bundesrepublikanischen Nächte tanzten, wussten von diesen Geschichten natürlich schon längst nichts mehr.

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