111 Songs: Faust – „It’s a Rainy day, sunshine Girl“

In der Rolling-Stone-Beilage: "Pop in Deutschland" haben unsere Autoren 111 Bands und ihre besten Songs zusammengetragen. Jenni Zylka erklärt, warum „It’s a Rainy day, sunshine Girl“ von Faust einer davon ist.

Es ist eine der abenteuerlichsten Geschichten des Krautrock, aber wir müssen sie leider in aller gebotenen Kürze erzählen: Die Erfinder von Faust waren ein A&R-Manager bei Polydor, der von einer deutschen Variante der Monkees träumte, und der Journalist Uwe Nettelbeck, der etwas Subversiveres im Sinn hatte. Aus Musikern der Bands Nukleus und Campylognatus Citelli formte Nettelbeck 1970 eine achtköpfige Truppe, die unter dem urdeutschen Namen Faust in ein altes Schulhaus im norddeutschen Wümme einzog. Mit dem Geld der Plattenfirma wurde dort improvisiert, was das Zeug hielt: „Die Musik war immer sehr stimmungsabhängig“, erinnert sich der Schlagzeuger Zappi Diermaier viele Jahre später. „Wenn wir schlecht drauf waren, haben wir eben schlechte Musik gemacht.“ Trotzdem entstand innerhalb von zwei Wochen ein legendäres Debütalbum, dessen durchsichtiges Cover die Röntgenaufnahme einer Faust ziert. Die Musik bestand aus drei langen Klangcollagen. Deutschland reagierte nachhaltig verstört – die englischen Kritiker waren begeistert.

Die zweite Platte, „So Far“, war besser zugänglich und enthielt den großartigen Song, dessen Titel dem Album den Namen gab, sowie „ It’s A Rainy Day, Sunshine Baby“, eine Art Uptempo-Version des Novelty-Hits „Neanderthal Man“, nur böser und kosmischer. Danach wechselten Faust zu Virgin, dem damals frisch gegründeten Label von Richard Branson. Zusammen mit Mike Oldfield waren sie dort die ersten Künstler. Faust waren auch die ersten Musiker, die auf der Bühne einen Presslufthammer einsetzten. Das Album „The Faust Tapes“ wurde in England zum Preis einer Single verschleudert – der Beginn des Pop-Marketings. Es folgten bis heute unzählige Kollaborationen, mit Avantgardisten wie Chris Cutler, Tony Conrad oder Jim O’Rourke und dem HipHop-Kollektiv Dälek. Ungeachtet einer Pause von fast 18 Jahren (1975 bis 1992) toben die Gründungsmitglieder Zappi Diermaier und Jean-Hervé Péron bis heute über die Bühnen der Welt.

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