50 Ereignisse, die den Rock’n’Roll veränderten: die komplette Liste

2018-1954: Diese Ereignisse haben die Musikwelt verändert.

50. 16. Mai 1983: Moonwalk-Magie – Mit choreografischer Finesse macht Michael Jackson „Thriller“ zum erfolgreichsten Album aller Zeiten

„Ich hielt ‚Billie Jean‘ schon für eine der tollsten Scheiben aller Zeiten, bevor ich Michael bei ,Motown 25‘ sah“, erzählt Antonio „LA“ Reid, früher Boss von Island/Def Jam. „Aber wie er da über die Bühne glitt, das war wie ein Erdbeben. Ich hatte ständig mit Breakdancern zu tun, die solche Sachen probierten, aber geschafft hatte es nie einer. Es sah aus, als wäre er ein Roboter.“ Vor diesem Fernsehauftritt am 16. Mai 1983 zum 25. Jubiläum von Motown hatte Jackson sein Managementbüro mit einer Bitte angerufen: „Besorgt mir einen Hut, so einen coolen Fedora – etwas, das ein Geheimagent tragen würde.“ Jackson wollte „Billie Jean“ bringen, das seit mehreren Wochen auf Platz eins der Singles-Charts stand. Er hatte wochenlang geprobt, doch am Abend vor der Aufzeichnung ging er runter in die Küche seiner Villa, setzte den coolen Hut auf, drehte die Stereoanlage auf Anschlag und begann, neue Tanzschritte zu üben. Später sagte er, er habe versucht „einen Breakdance-Schritt, so eine Popping-Geschichte“ zu perfektionieren, die ihm ein paar HipHop-Kids beigebracht hatten. „Ich wusste nur, dass ich in der Bridge gleichzeitig vorwärts und rückwärts laufen wollte. Wie jemand, der auf dem Mond spazieren geht.“ Jacksons Choreografie zu „Billie Jean“ ist eine der spannendsten Tanzeinlagen in der Geschichte des Fernsehens, doch eigentlich war alles nur Vorspiel für die wenigen Sekunden, in denen er der Welt den „Moonwalk“ vorstellte. Jackson erzählte später, Fred Astaire habe ihn am nächsten Tag angerufen und gesagt:„Du bist ein Wahnsinnstänzer.“ Astaire hatte die Show sogar auf Video aufgenommen und Jacksons Schrittfolgen genauestens analysiert. Jacksons „Thriller“, veröffentlicht im Dezember 1982, war schon dabei, Verkaufsrekorde zu brechen, und die dazugehörigen Videos hatten bei MTV für andere schwarze Musiker wie Prince die Türen geöffnet. Doch der Auftritt bei „Motown 25“ machte aus dem Hit ein Phänomen: Fünf weitere Nummer-eins-Singles folgten, und das Album hielt sich 37 Wochen an der Spitze der US-Charts. Bis heute wurden von „Thriller“ weltweit 40 Millionen verkauft, was Jackson einen Eintrag ins „Guinness Buch der Rekorde“ eingebracht hat. „Irgendwann“, behauptet Walter Yetnikoff, damals Chef von Jacksons Plattenfirma CBS, „dachte das Smithsonian-Museum daran, eine eigene Abteilung für Michael Jackson aufzumachen. Mit ,Thriller‘ hat dieser junge Mann die Welt in Flammen gesetzt.“

49. Sommer 1984: Deutschlands Gemütsmusik – Herbert Grönemeyer besingt „Bochum“

Er hatte seit 1979 vier Alben veröffentlicht, bei „der Intercord“, wie er sie viele Jahre später noch immer – beinahe zärtlich – nannte. Die Verkaufszahlen blieben bescheiden, die Kritik kümmerte sich um die Neue Deutsche Welle. Liedermacher florierten nicht. Nach „Gemischte Gefühle“, seiner bisher besten Platte, wurde der Vertrag mit Herbert Grönemeyer gekündigt. EMI Electrola in Köln verhalf dem 28-jährigen Theatermusiker und Schauspieler zu einer weiteren Chance. Im Frühjahr 1984 erschien die Single „Männer“, Grönemeyer ging auf Ochsentour durch die deutschen Musiksendungen und Fernseh-Shows, hüpfte im Regionalprogramm vor bonbonfarbenen Kulissen am Keyboard, schüttelte den Scheitel. „Männer“ wurde in einer Endlosschleife im Radio gespielt, plötzlich wollten alle ein Interview mit Herbert. Dann erschien, im August, „4630 Bochum“, erreichte die Spitze der Charts, blieb 78 Wochen in der Liste. Später, in den 90er Jahren, wurde auch eine Neuauflage auf den vorderen Plätzen notiert. Grönemeyer hatte das Album im EMI-Tonstudio II im Maarweg in Köln aufgenommen, von Januar bis März 1984. Zur Seite standen ihm seine „Jungs“ – Norbert Hamm (Bass) und Alfred Kritzer (Keyboards), Gaggy Mrotzek (Gitarre) und Jakob Hansonis (Gitarre). Charly Mariano steuerte ein schräg tönendes Saxofon bei. „In dem Solo bei ,Bochum‘ sind auch noch ein paar falsche Töne“, erinnert sich Grönemeyer. Das passt freilich so gut zu der Hommage an die graue, marode Grubenstadt mit dem Herzen auf dem rechten Fleck. „Alkohol“ und die Ballade „Flugzeuge im Bauch“ beflügelten das Album zusätzlich, auch die zeittypisch kritische Hommage an „Amerika“ fand ein dankbares Publikum, das von den Nachrüstungsplänen verunsichert war. Die Panik jener Zeit und diffuse Ängste vor Schrecken wie der Volkszählung sind in „Jetzt oder nie“ erfasst: „Sie werden dich fotografiern/ Sie werden dich registriern/ Du verbaust dir dein ganzes Leben/ Die Zeit rennt weg/ Wir müssen’s angehn.“ Lieder um Eifersucht, Beziehungsknatsch und den neuen Morgen der Liebe hat nie jemand auf deutsch – Lindenberg ausgenommen – so gefühlig vernuschelt wie Grönemeyer. Mit „Mambo“ beschließt sogar ein humoristischer Song „4630 Bochum“. Es dauerte bis zum Jahr 2002, bis dieses Werk von deutschem Gemüt übertroffen wurde – von Herbert Grönemeyers „Mensch“.

48. 14. September 1984: Garantiert keine Jungfrau – Madonna schockt bei den ersten „MTV Video Music Awards“

„Die Leute im Publikum hielten den Atem an“, schildert Madonnas langjährige Publizistin Liz Rosenberg den Auftritt ihres Schützlings bei den allerersten „MTV Video Music Awards“ im Jahr 1984. „Ein Freund flüsterte mir zu: ‚Ihre Karriere ist zu Ende, bevor sie richtig losgegangen ist.‘ Ich war natürlich starr vor Schreck.“ Madonna sang „Like a Virgin“ und trug dazu etwas, das entfernt an ein Hochzeitskleid erinnerte – weißes Bustier und zerfetztes Tutu, garniert mit Spitzenhandschuhen, gefährlich hochhackigen Schuhen, Klunkern um den Hals und einem Tüllschleier, den es nicht lange auf ihrem Kopf hielt. Zu Beginn ihres Auftritts tanzte sie auf einem gigantischen Hochzeitskuchen, am Ende rollte sie auf der Bühne herum, vollführte unaussprechliche Dinge mit ihrem Schleier und gönnte den Millionen vorm Fernseher einen ausgiebigen Blick auf ihre Unterwäsche. „Keiner von uns hätte gedacht, dass sie es so weit treiben würde“, meint Rosenberg. „Manche lagen vor ihr auf den Knien, andere fanden sie ekelhaft.“ Huey Lewis, der an diesem Abend auch auftrat, bewunderte Madonnas Courage: „Das war kein spontaner Einfall. Sie hatte das schon bei den Proben gemacht. Es war ein geplanter, geschichtsträchtiger Moment. Sie wusste, wie man mit dem Medium Fernsehen umgehen musste. Wir wussten das ganz offensichtlich nicht.“ MTV, damals gerade mal drei Jahre alt, wollte sich von „seriösen“ Preisverleihungen wie den „Grammys“ absetzen. Das funktionierte. „Wir hatten vor, eine Show zu machen, die das Image von MTV transportiert und gegen den Strich geht“, erklärt John Sykes, der die ersten „VMAs“ als Executive Producer begleitete. „Als wir all diese hydraulischen Lifts und Bühnenapparaturen in der Radio City Hall entdeckten, freuten wir uns wie die Kinder. Wir hatten jede Menge coole Effekte, aber ich werde nie die Blicke unserer Werbepartner in der ersten Reihe vergessen, als Madonna rauskam und sich in ihrem Jungfrauendress auf dem Boden wälzte. Am nächsten Tag gab es Diskussionen, aber keiner meinte, wir hätten das verhindern müssen.“. „Manche lagen vor ihr auf den Knien, andere fanden sie ekelhaft.“ Huey Lewis, der an diesem Abend auch auftrat, bewunderte Madonnas Courage: „Das war kein spontaner Einfall. Sie hatte das schon bei den Proben gemacht. Es war ein geplanter, geschichtsträchtiger Moment. Sie wusste, wie man mit dem Medium Fernsehen umgehen musste. Wir wussten das ganz offensichtlich nicht.“ MTV, damals gerade mal drei Jahre alt, wollte sich von „seriösen“ Preisverleihungen wie den „Grammys“ absetzen. Das funktionierte. „Wir hatten vor, eine Show zu machen, die das Image von MTV transportiert und gegen den Strich geht“, erklärt John Sykes, der die ersten „VMAs“ als Executive Producer begleitete. „Als wir all diese hydraulischen Lifts und Bühnenapparaturen in der Radio City Hall entdeckten, freuten wir uns wie die Kinder. Wir hatten jede Menge coole Effekte, aber ich werde nie die Blicke unserer Werbepartner in der ersten Reihe vergessen, als Madonna rauskam und sich in ihrem Jungfrauendress auf dem Boden wälzte. Am nächsten Tag gab es Diskussionen, aber keiner meinte, wir hätten das verhindern müssen.“. Die futuristischsten Bühnenbauten wirkten reizlos im Vergleich zu dieser Frau. Es ist der einzige Auftritt, an den man sich auch nach 24 Jahren noch erinnern kann. MTV ist inzwischen rund um den Globus vertreten, und das Budget der „VMAs“ ist acht Mal höher als 1984. Was sich nicht geändert hat, ist der ständige Versuch, den Schockwert der Erstauflage wieder zu erreichen. Gelungen ist das nur selten: Howard Stern 1992 als „Fart Man“ in Stretchhosen mit freigelegtem Po. Der Kuss, den Michael Jackson 1994 seiner damaligen Frau Lisa Marie Presley verabreichte. Und, noch nicht so lange her, eine Neuauflage von „Like A Virgin“, als Madonna ihre Zunge in Britney Spears’ Mund versenkte (und danach noch Christina Aguilera küsste, allerdings etwas halbherzig). „Nach der Madonna-Performance im ersten Jahr war uns klar, dass wir in jeder Show mindestens einen solchen ‚Oh, wow!‘-Moment haben mussten“, meint Sykes. „Das war von Anfang an der Plan. Über welche Szene würden sich die Leute am nächsten Tag aufregen?“ Bisher hat jedoch keine(r) Madonna die Skandalköniginnen-Krone abnehmen können.

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