Akustik-Bruce auf Tour in Deutschland

Es ist bestimmt einsam da oben und wer dort wohnt, der muß sich von Zeit zu Zeit seiner selbst vergewissern. Nun ist Bruce Springsteen nicht als Problemfall bekannt: Eine Kohorte von Fanclubs begleitet treu sein Schaffen, Anhängerinnen bedichten keusch seine Oberarme und folgen devot den Direktiven. „Was der Boß sagt, ist Befehl“, so eine Bewunderin im Vorfeld der mit lärmendem Flüstern angekündigten „Solo-Acoustic-Tour“. Wie der Messias wurde Bruce erwartet, doch auch Nachtwachen im Schlafsack halfen manchen Unglücklichen nicht mehr: Die paar tausend Karten waren binnen Stunden vergeben, und auch für 500 Mark lassen sich Springsteenianer nicht von der Andacht abhalten.

Springsteens Werk bildet eine lange Reihe von Ansichten der amerikanischen Mittel- und Unterschicht, und die Tournee zu „The Ghost Of Tom Joad“ ist Ausdruck des Verlangens, ganz dicht an sein Publikum heranzukommen. Das begrüßt er in Dresden auf deutsch mit breitem sächsischem Akzent. Der Vortrag changiert zwischen dem neuen Album und Rückgriffen auf, „Darkness On The Edge Of Town“, das den desillusionierten, trostlosen Blick auf die Welt von Arbeit und Famillie unterhalb des Sozialhilfeniveaus und jenseits der Hoffnung schon vorwegnahm.

Von der stillen Zurückhaltung, die Springsteen angeblich eingefordert hat, ist in Dresden freilich nichts zu spüren: Verlegen läßt Springsteen den Beifall verrauschen. Seine Musik ist archaischster Rock’n’Roll in Talking-Blues-Tradition, asymmetrisch, roh – und zum Schunkeln vollkommen ungeeignet Zwei Stunden nichts als die Gitarre, die Mundharmonika, die Stimme – und ein Sack voller mythischer, bewegender Geschichten aus Amerika.

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