Bastian Böttcher und Loris Negro alias Zentrifugal verbinden gerappte Wortspiel-Kaskaden mit Elektronik-Sounds

Bastian Böttcher heißt zwar nicht Patewka, aber allerliebst ist er auch. Immer hat er seinen Koffer dabei, den er aufklappt und in dem sich ein Computer verbirgt. Der Computer ist quasi der Koffer. In den tippt er hinein, wenn ihn ein Einfall überwältigt, auch bei Tisch, wo er sich schnell mal entschuldigt wie andere, wenn sie zur Toilette gehen. Er lässt dann den Rest der Runde reden, die Idee muss frisch notiert werden.

Bastian ist 24 Jahre alt und Teil des Duos Zentrifugal, das bis vor kurzem niemand kannte. Dann wurde eine große Promotion-Reise unternommen, die zum Beispiel in den Redaktionsflur der „Bunten“ führte, wo auch die Chefredakteurs-Scharteke mal vorbeischaute, als Fotos von „jungen Dichtern“ gemacht wurden. Nur eine kleine Blechtrommel war gerade nicht zur Hand, aber Bastian rappte gleich mal was. Er versteht sich als „Slam-Poet“ und ist ein rechter Luftikus, der aus dem Stegreifreimt und rappt, wie das junge Leute halt so tun. Sein Kumpel Loris Negro macht allerdings Musik dazu, die an die Stuttgarter Schule des Hauses Four Music erinnert. Den Bastian freilich nicht Auch die Hamburger HipHopper sind ihm keine Konkurrenz. „Ich kenn mich da gar nicht genug aus, das meiste hab ich noch gar nicht gehört. Wir wollen unabhängig sein – diese verschiedenen Zirkel wirken auch so konstruiert.“

Bastian, in Bremen geboren und zur Schule gegangen, studiert jetzt in Weimar wo sich die Kultur-Fakultäten treffen und außerhalb der Stadt manches gemeinsame Projekt inszenieren. Da gibt es noch allerlei leer stehende Fabriken und alte Gehöfte, in den sich trefflich Poetry Slams veranstalten lassen. Geld aus dem Goethe-Topf gibt es manchmal noch dazu.

Mit „Tat oder Wahrheit“ haben Zentrifugal nun ihre erste richtige Platte veröfiendicht Eine Platte, die klingt wie ein Tag am Meer, so zirpend und gesund und entspannt, eine ganz weiche Welle von Wellness, kein spätpubertärer, angestrengter Unfug wie bei den üblichen deutschen HipHop-Schwätzern, sondern richtig pubertäre Schwärmerei: „Ich mag Magie und Vorstellungen voll Illusion/ Auslösen und Auflösen/ Mit Tricks geschickt kaschiert/ Von Spots illuminiert, werf ich schillernde Silben.“ Bastian, der in Deutsch natürlich eine Fünf hatte, jongliert mit den Worten, dass Heinz Rudolf Kunze kirre werden müsste. Er spricht seine Texte wie ein Märchenerzähler. Und dieser Loris muss ein Hexer sein, so wie er Geräusche, die doch oft genug nur ödes Gedudel und Geschepper für Lemuren sind, mit Gefühl auflädt.

Bastian lebt seit Längerem schon aus dem Koffer und findet es „spannend, so unterwegs zu sein, immer irgendwo anders zu übernachten“. Für ihn ist das ,wie in ‚On The Road‘, das hat etwas Romantisches“. Eben traf man ihn noch in Hamburg, wo er sich im Büro seiner Plattenfirma lümmelte, da sieht man ihn schon wieder beim SWR 3- Festival, wo das Fernsehen auch mal wissen will, wie das so ist mit junger Lyrik. Schön ist es jedenfalls.

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