Bereit zur Bügelfalte

Die Disco-Rocker von The Robocop Kraus lieben dekadente Anzüge, tragen im Herzen aber weiter die Hardcore-Punk-Ideale - ein Dilemma?

Soll das vielleicht ein Aufruhr werden? Eine größere Baustelle, an der die Spießer und Mutanten mit langen Latten eins aufs Köpfchen kriegen? Bands wie The Robocop Kraus klingen ja immer so mobilisierend, aufmüpfelnd und brandstifterisch, obwohl sie die Musik möglicherweise nur spielen, weil sie halt schön ist. Dance-Rock sagen Ungelernte dazu, die Musik-Nerds (Obacht, Robocop Kraus sind selbst welche!) erkennen die Winkelzüge in Richtung Gang Of Four, das leichte Devo-Feeling und den sanften Trick, zwar ein bißchen wie Duran Duran zu klingen, aber nur nach ihren guten Liedern.

Die Robos, wie wir sie jetzt einfach mal nennen, haben natürlich Glück gehabt, daß sie diese Saison mit den genau richtigen im selben Bett aufwachen. Mit US-Bands wie den Killers und The Bravery oder Briten wie Franz Ferdinand und den Futureheads, die ähnliche Referenzen haben, die glamourösen und zackigen Tanzpop spielen, cool gefunden werden und an den Sprengel der 80er-Jahre-Musik erinnern, den die Leute in den 90ern zu revivaln vergessen haben.

Aber Ehrensache: The Robocop Kraus spielen das alles schon viel länger, seit sechs Jahren, in der Nürnberger Lokal-Szene. Sechs Jahre sind bekanntlich genau die Zeit, die eine kleine Band ohne großen Erfolg durchhält, bevor sie keine Lust mehr hat. Die Robos haben ihre ersten Fans von den Hardcore-Punkbands mitgebracht, in denen sie vorher waren, haben Platten auf einem tschechischen Label veröffentlicht und auf Tour den Jugendhäuser-Parcours absolviert, auf dem sich die Punk-Mittelschicht ihr vegetarisches Chili Con Carne und die Nacht-Matratzen verdient Insofern ist es ein Indie-Wunder, daß die Band plötzlich den Nerv trifft, nach dem sie so lange gestochert hat Auch wenn diese Plattenfirmen-Sachen niemanden interessieren: Erst kam der Vertrag bei LAge D’Or, dem Heim von Tocotronic, das neue Album „They Think They Are The Robocop Kraus“ hat in Stockholm der Produzent der Hives betreut und es kommt beim Bad Religion-Label Epitaph heraus. Der Ton ihrer Musik ist im besten Fall blasiert und sophisticated, aber lustigerweise sind die Robos in ihren Robo-Köpfen noch immer eine ehrenwerte Band, die kein Geheimnis um sich dulden mag und sogar Rechenschaft darüber ablegen kann, warum sie in hübschen Anzügen oder Hemden auftritt „Das ist Konzept“, sagt Sänger Thomas Lang. „Das war für uns eine Befreiung von dem Punkrock-Dogma, das sagt: Da darf kein Entertainment machen. Es hat sich für uns und für die Leute schon provokant angefühlt: Da kommen diese Typen, können ihre Instrumente kaum spielen und haben trotzdem diese Glitzeranzüge.“

Entdecken The Robocop Kraus irgendwann die wahre Dekadenz? Beginnt dann doch noch der große Aufruhr? Oder tragen sie die Anzüge irgendwann zum Aufbauen der Verstärker und ziehen sich fürs Konzert verratzte „Nazi Punks Fuck Off‘-T-Shirts an? Ich schätze mal: Nein.

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