Aus dem Off (8)

Corona-Tagebuchnotizen von Arne Willander: Eve Of Destruction

Anmerkungen zu P. F. Sloan, Peter Horton und einem Buchladen in Berlin.

Es kommt mir merkwürdig vor, dass noch Bücher erscheinen und in Buchhandlungen verkauft werden. Bei einer empirischen Untersuchung am Samstag stellte ich fest, dass Buchläden in Berlin geöffnet sind. Am Marheinekeplatz versicherte mir die möglicherweise portugiesische, wenn nicht französische Buchhändlerin, dass ihr Geschäft systemrelevant sei – sie sagte einen anderen Begriff, so etwas wie „erste Prioritätsstufe“.

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Auch bestätigte sie die Vermutung, dass nicht weniger Menschen als früher in den Laden kommen, um Bücher zu kaufen. Manche rufen allerdings vorher an und verlassen das Lokal schnell wieder, wenn sie das Buch gekauft haben.

Autobiographie von Woody Allen ist schon vergriffen

Nun fragte ich nach Woody Allens Autobiografie, und die Portugiesin oder Französin schaute nachdenklich und ein wenig mitleidig: Sie habe heute schon alle Exemplare von „Ganz nebenbei“ verkauft; nur im Fenster stehe noch ein Buch. Es war kurz vor 15 Uhr. Sie wandte sich zum Fenster und griff mit Plastikhandschuhen zu dem Band.

Der Freund, mit dem ich in gehörigem Abstand eben ein Würstchen im Park gegessen hatte, wollte auch die Woody-Allen-Autobiografie kaufen; wir schauten begehrlich zu dem Regal mit den bestellten Büchern, wo zwei schwarze Umschläge mit Zetteln darin erkennbar waren. Die Französin oder Portugiesin zauderte. „Ich kann es nicht machen.“ Sie gab uns ein Visitenkärtchen: Um 17 Uhr könnten wir anrufen, vielleicht werde ein Exemplar nicht abgeholt. Der Freund überließ mir das Buch aus dem Fenster. Ich hatte Priorität. Wir gingen hinaus. Am Eingang lagen zwei Exemplare von Albert Camus’ „Die Pest“.

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Zu Woody Allens Autobiografie kann ich noch nichts schreiben, aber ich hörte Songs von P. F. Sloan, einem amerikanischen Sänger und Songschreiber, der nicht dafür berühmt ist, der Autor von „Eve Of Destruction“ und „Secret Agent Man“ zu sein (Barry McGuire und Johnny Rivers sind es heute aber auch nicht mehr so recht).

P. F. Sloan beherrschte jede Art von Song

Sloan, der eigentlich Philip Schlein hieß, arbeitete Mitte der 60er-Jahre bei Dunhill Records in Los Angeles, schrieb Lieder für Herman’s Hermits und die Turtles und veröffentlichte einige Platten. 1970 ehrte ihn sein Kollege Jimmy Webb mit dem Song „P. F. Sloan“, nicht zu verwechseln mit „What Happened To P. J. Proby“ von Van Morrison, was ich immer tat. P. F. Sloan beherrschte jede Art von Lied, er war ein Folk-Troubadour, ein Pop-Balladier und ein Melodramatiker.

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Er sang zur akustischen Gitarre und zu Orchester-Arrangements, er war sehr gut, wenn auch nicht so gut wie Dylan, Tim Hardin und Tim Buckley, aber wer war das schon. Er verpasste die 70er-Jahre, kehrte in den 80er-Jahren zurück und brachte sporadisch Platten heraus; an einem Album waren Lucinda Williams und Frank Black beteiligt. Sloan starb im Jahr 2015. Muss alles wiederveröffentlicht werden.

Manches drollig, manches kitschig, manches köstlich

Auch erquicklich ist das Wiederhören von Liedern des Gitarristen Peter Horton, dessen betulicher Charme in den 70er- und 80er-Jahren in den ZDF-Erwachsenensendungen „Café im Takt“ und „Hortons kleine Nachtmusik“ betörte. Horton war in den 50er-Jahren bei den Wiener Sängerknaben, lernte mit 28 Jahren das Gitarrenspiel und wurde ein Virtuose.

Er nahm mehr als 60 Platten auf und schrieb Chansons, Couplets und Wiener Lieder, Country-Songs und Schlager, manche sind drollig, manche kitschig, manche köstlich. In den 70er-Jahren war es möglich, zwischen André Heller, Ludwig Hirsch und Peter Alexander zu reüssieren und Conférencier im Fernsehen zu sein.

Heute spielt Peter Horton mit Guitarissimo XL und dem Symphonic Trio; die Namen wären zu ändern. Bei Electrola ist eine erfreuliche Anthologie erschienen, der hoffentlich einige Platten des tschechisch-österreichischen Schöngeistes folgen werden.

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Krisensitzung bei Anne Will

Peter Altmaier hat einmal gesagt, er sei jetzt 61 und habe schon viele Aufgaben im Leben gehabt; er habe nicht die Ambition, Kanzler zu werden. Jeden Abend sieht man ihn souverän, eloquent und manchmal fein ironisch lächelnd in einer Talkshow, wo er erstens und zweitens diplomatisch erläutert, was einerseits und andererseits, aber zur Wahrheit gehörend zu tun sein könnte, wenn man demnächst wüsste, was zu tun wäre. Peter Altmaier ahnt, dass er der Kanzler ist.

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Aus dem Off – Corona-Tagebuchnotizen von Arne Willander

Arne Willander

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