Der den Gildemeister spielt

Blur und Madonna verhalf Producer WILLIAM ORBIT tu Hit-Weihen. Sich selbst jetzt auch mal

Die Vorhänge müssen zu, sofort.‘ „Too much light!“, sagt William Orbit, als durch die griesgrauen Wolken überm Central Park die Sonne mal kurz blinzelt, „I’m not used to it!“ – Was man ihm auch ansieht. „Mein Studio hat keine Fenster.“

Natürlich, klar, kann er doch nichts für. Sitzt trotzdem da wie ein Häufchen Elend, ein dürres Kellerkind mit dicken Augenringen, fahler Haut Aber überglücklich. „Die Dinge gehen gut voran“, flüstert er gegen ein bisschen gestrichenen Vivaldi aus dem CD-Player an, „denn ich hab mal wieder all meine Pläne über den Haufen geworfen.“ Das sei übrigens sein einziges Rezept, „den Instinkten folgen. Kunst machen ist fast wie Billard spielen. Du stößt die Dinge an, sie setzen sich in Bewegung, stoßen einander ab und folgen dann einer scheinbar sinnlosen Kette von Zufällen.“ Und wie denn wohl diese Woche die englischen Top Ten aussähen, da müsse er gleich noch mal zu Hause anrufen.

Gut sahen sie aus für ihn, die Charts. Sein „Barber’s Adagio For Strings“ stand auf Platz vier – im Grunde eine kleine Sensation, denn für diese ellenlange Kette auf- und abschwellender Töne ohne jeden Beat hätte man vermutlich gar Tangerine Dream oder Pink Floyd in die ewigen Jagdgründe verwirrter Pop-Musikanten geschickt. Zum Glück aber ist Orbits erste Profession die eines Produzenten, und in seiner Zunft darf er den Gildemeister spielen, seit er Madonnas „Ray Of Light“ und Blurs „13“ zu höchsten Weihen verhalf- die diesen Werken ohne sein genialisches Händchen womöglich verwehrt geblieben wären.

„Ich hasse dieses Bild vom Zauberer hinter den Reglern“, wehrt Orbit ab, „wenn ich für andere arbeite, bin ich bloß Dienstleister mit Liefertermin. Ich muss da schließlich nicht mein eigenes Können unter Beweis stellen, ich baue denen nur ein Vehikel für ihre Wünsche und Träume.“ Und wenn ein Producer sich unbedingt selbst hören wolle, „dann solle er bitte sein eigenes Album aufnehmen.“

So wie er, William Orbit. Seltsam genug, dass „Pieces In A Modern Style“

bereits vier lange Jahre im Tresor seines Schöpfers lag, bevor die Ambient-Versionen von John Cage über Eric Satie bis zu Beethoven und Vivaldi der offenbar doch recht hungrigen Klientel offeriert wurden. „Das ist wie mit dem Schuster, der seine eigenen Schuhe auch nie fertig kriegt“, sagt Orbit, „und das ist ein heilsamer Prozess. Du hast Zeit, alles auf seine Tauglichkeit abzuklopfen, bis du vom Ergebnis wirklich überzeugt bist Zum Glück hat ja niemand auf dieses Album gewartet“

Was leider völlig anders sei, wenn er sich etwa für Madonna ins Studio begebe, „da sitzt dir nämlich eine Firma im Nacken, die keine Lust hat, auf die Ertragsergebnisse ihrer stattlichen Investitionen Jahre warten zu müssen.“ Und daher, sorry, müsse er jetzt auch sofort wieder in die „Hit Factory“, um hier Madame Cicciones nächstes Werk endlich zu vollenden.

Eine Traumpartnerin? .Also, lieber noch hätte ich mal ein Album von Jimi Hendrix produziert. Nein, Quatsch! Ich hätte gar keine Lust, mit meinen Favoriten zu arbeiten. Die liebe ich ja gerade deshalb, weil’s an ihrer Musik nichts zu verbessern gibt!“ Madonna also nicht unter den Lieblingen? „Wir kommen gut miteinander aus. Aber eines kann und will ich nicht leugnen: Ich arbeite mit ihr.“ Dann adieu, Herr Diplomat Auf ein gutes Gelingen!

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