Die Doofen

Euer Album heißt zwar „Lieder, die die Welt nicht braucht“ – trotzdem habt Ihr in den Hitparaden alle Konkurrenten abgehängt, sogar Take That.

BONING: Zuerst wollten wir ja eine CD machen mit dem Titel „Lieder, die die Welt braucht“. Bei den Aufnahmen merkten wir dann aber, daß die wohl doch niemand braucht. Wir sind äußerst irritiert darüber, daß die Platte nun derartig erfolgreich wurde. Deshalb haben wir eine Studie in Auftrag gegeben, die ergründen soll, wie es überhaupt zu diesem Betriebsunfall kommen konnte. Bisher gibt es nur vage Vermutungen; fest steht, daß wir uns einige Fehler erlaubt haben.

Seid Ihr eigentlich so richtig Freunde?

DITTRICH: Nein, Kollegen.

BONING: Doch, wir sind so richtig dicke Freunde.

DITTRICH: Ja, das Und daß Wigald allein für Toyota die Werbetrommel rührt, stört Dich nicht?

DITTRICH: Ich zitiere einen Freund, der sagt immer: Laß das mal meinem Kollegen seine Sache sein.

BONING: Für den Olli haben Autos nun mal einen ganz anderen Wert – er fahrt nämlich viel lieber Auto als ich. Ich mach lieber Werbung fiir Autos.

DITTRICH: Ich würde das sowieso nicht mitmachen, weil ich einen Käfer fahre. Man muß auch glaubhaft bleiben.

Es sind ja schon komische Zeiten, in denen die progressive Jugend Anti-Stars wie Euch oder Helge Schneider anbetet und sich uralte adidas-Trainingsanzüge anzieht…

DITTRICH: Unter anderem adidas-Anzüge, aber doch nicht nur.

Aber doch verstärkt.

DlTTRICH: Ja, verstärkt innen, mit Futter.

Das ist aber doch merkwürdig.

DITTRICH: Vor allem in dieser Jahreszeit, das ist viel zu warm.

Ganz aufgeweckte Jugendliche hören sogar wieder Schlager.

BONING: Das war aber doch immer so, auch wenn sich heute Leute für Elvis Presley interessieren, obwohl der schon lange tot ist; der hatte eben so eine schöne Tolle und auch eine schöne tolle Stimme.

DITTRICH: Das ist alles so schwierig. Die größte Veränderung in meinem Leben ist die, daß ich jetzt plötzlich zu allem, was ich mache und gemacht habe, eine Erklärung finden muß; das hat früher keiner hinterfragt. Es geht Dir ja wahrscheinlich auch so, daß Du am Tag viele Sachen machst, und wenn Dich dann plötzlich alle möglichen Leute fragen, warum Du das so machst, und ob Du das DIE DOOFEN jemals gedacht hättest, daß Du genau heute das machst, was Du jetzt machst, dann würdest Du Dir wahrscheinlich auch Parkuhren oder so etwas kaufen, um sozusagen der Verpflichtung, eine Antwort geben zu müssen, entfliehen zu können.

BONING: Aber um ein Mißverständnis endlich mal aus dem Weg zu räumen: Unsere Musik ist kein Schlager! Da ist vielmehr der Versuch, Free-Jazz mit dem Fagott zu verbinden, so wie es von Antonio Vivaldi in seinen 38 Fagott-Konzerten angewendet wurde. Sein Nachbar war bekanntlich Fagottist, deshalb hat er so viele von den Dingern geschrieben.

Nonsens also um jeden Preis…

BONING: Es sind keine witzigen Lieder, das möchte ich mir verbitten. Das sind gesellschaftskritische Lieder…

DITTRICH: Heiter verpackt, das wollen wir schon zugestehen. Aber wir denken uns bei jedem Lied etwas; es sind kleine, persönliche Geschichten, die so ausgewählt sind, daß sie jeder verstehen kann.

BONING: Aber auch große, unpersönliche Geschichten, die bisweilen so vorgetragen sind, daß sie niemand verstehen kann; das macht ja die Essenz dieses Werkes aus. Wir sehen unser Erfolgserlebnis darin, daß unsere Texte als Diskussionsgrundlage gedacht waren – und wir jetzt tatsächlich Anstöße zum Nachdenken gegeben haben. Es wird im Moment nachgedacht in Deutschland.

Euer Slogan lautet „Sei klug, sei doof‘.

DITTRICH: Nein, es heißt „Sei schlau, sei doof“. Zwischen klug und schlau besteht ein erheblicher Unterschied.

Das Opfer-Spektrum Eurer Betrachtungen zieht sich ja kreuz und quer durch unsere Gesellschaft. Wer ist denn nun hierzulande alles doof?

BONING: Wir sind zunächst einmal selber doof. Wir würden uns ja nie und nimmer erlauben, andere Leute in den Schmutz zu ziehen. Der deutsche Beitrag bekam ja beim Grand Prix d’Eurovision gerade mal einen Gnadenpunkt. Im nächsten Jahr könntet Ihr doch dort Euer Glück versuchen.

BONING: Ja, man müßte dann eine halbe Stunde Alphorn und Schlagzeug zusammen spielen. Und dann immer mal leiser werden, so daß alle denken, daß es gleich zu Ende ist, und dann wieder voll einsteigen.

DITTRICH: Ich denke wirklich ernsthaft darüber nach. Irgendwie muß es doch zu schaffen sein, da wirklich einmal null Punkte bekommen.

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