Die Kriegsgegner und ehrlichen Häute von TR AVIS spielen einen eher verhaltenen Gig mit vielen alten Klassikern

BERLIN, COLUMBIAHALLE. Noch Minuten vor dem Auftritt wird an der Setlist gebastelt, Fans hatten Herzenswünsche geäußert, heute soll der von Trixi erfüllt werden: „Luv“. Ein Freund der Band vermisst persönliche Favoriten auf dem Spielplan. Was aber streichen für „Mid-Life Krysis“? Fran Healy seufzt Ein Luxusproblem, um das der tunesmith von den meisten anderen Vertretern seiner Zunft beneidet werden dürfte. „Coming Around“? Niemals! Am Ende sind es ein paar Songs mehr als sonst, die gefeiert werden. Dabei verzichten die Schotten inzwischen notgedrungen auf Covers, die ja meist mehr waren als bloße Tribute, die den inneren Druck minderten, der sich bei 90 Minuten Dauer-Emphase aufzustauen und zu entladen drohte. Da kamen Britney und Joni gerade recht, The Band und Mott The Hoople gewährten willkommenes appeasement.

Für hochgezogene Augenbrauen und einige Empörung backstage sorgt das Thema Ticketpreise. Die waren seit der letzten Travis-Tournee vor zwei Jahren um 20 Prozent gestiegen – was vereinzelt zu Unmut geführt hatte. Die Kalkulation, beteuert Healy, sei dieselbe geblieben, die Preise seien nur den erhöhten Produktionskosten angeglichen worden. Bessere Bühnenausstattung, mehr Licht, mehr Watt fürs Ohr. „Wir verdienen nichts an der Tour“, versichert Fran mit diesen Augen, die nicht lügen können, „die Crew wird bezahlt, die Veranstalter machen ihren Schnitt, für Travis weist die Bilanz ein Break-even aus.“ Tourmanager Pete, zuständig für Logistik und Monetarisches, wird herbeizitiert. Und soll, Healy insistiert, die Kostensituation erläutern, von Transport bis Steuer, sie ins Verhältnis zum Tour-Ertrag setzen und die Frage beantworten: Was bleibt für die Band übrig? „Null“, bekundet Pete. „Was so geplant war“, erklärt Fran, jetzt schon ein wenig entspannter, „wir verdienen ja wahrhaftig genug“.

Der Auftritt gerät, verglichen mit triumphaleren bei dieser Tour, eher verhalten. „Happy To Hang Around“ eröffnet den 22-Song-Reigen, „Re-Offender“ wird seines Sample-Intros entledigt, das sublime „Quicksand“ ist ein früher Höhepunkt.

Insgesamt neun der zwölf Erinnerungen werden (mit-)geteilt, der Rest des Repertoires rennt ohnehin offene Türen ein in der überfüllten Halle. Andy besteigt waghalsig einen Amp-Turm, Dougie macht auf cool, Neil klopft wieder ohne Click-Track, und Fran hält eine gnädigerweise kurze Rede wider Krieg und Machtmissbrauch. Pro bono, contra malum. Wie früher schon eigentlich, nur eben unter Verwendung des Begriffs Politik.

Was zuweilen etwas stört, sind die Keyboards, besonders seifig bei dem „Humpty Dumpty Love Song“. Und, weit mehr noch, ein winziger Teil des Publikums, der bei Frans unverstärktem Vortrag von „Flowers In The Window“ partout die Klappe nicht halten kann. Petitessen.

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