Die rüstigen Rentner von One Foot In The Grave

Lowell Ebert, 77 Jahre alt und heute Gitarrist bei One Foot In The Grave, hat im Zweiten Weltkrieg Luftangriffe geflogen. „Ich flog die B-24 und den B-SS-Bomber, gute Maschinen – und bin niemals abgeschossen worden.“ Nun hat Ebert seine Gitarre zum Vorderlader umfunktioniert.

„Auch ich war im Krieg“, sagt Jodina, mit 55 Jahren die Frischzelle und Sängerin der Band, „aber das ist vorbei, jetzt bin ich geschieden.“ Nach Abschluß der Europa-Tournee wird sie ihren 28 Jahre jüngeren Lover, einen Millionär, wiedertreffen. Akute Geldsorgen haben One Foot In The Grave also keine. Wichtig scheint eher, „daß man sich so jung fühlt wie noch nie“. Der das sagt, ist 57 und heißt Bob Williams. Mit seligem Grinsen und einem „No way!“ schmettert er die Bitte zweier Punks ab, die sich einen Sonder-Eintrittspreis für das Konzert erschnorren wollen.

Allein der Umstand, eine Band weit jenseits des Rocker-Haltbarkeitsdatums zu sehen, zieht Gaffer in Massen an: Die Konzerte der amerikanischen Senioren-Riege sind stets ausverkauft. Was findet das Publikum an diesem krudesten Auswuchs des Fun-Punk der Neunziger? Ist es die Musik? Wohl kaum, denn die Band gibt Punk-Standards von den Ramones oder Green Day eher traditionell. Auch Eigenkompositionen im schnellen Rhythmus über das Leben im Alter gewinnen erst durch Selbstreflexion an Kontur: „Having friends for tea, we enjoy conversation while watching MTV.“ Das Publikum stört’s wenig, gilt es doch eine Ausnahme-Erscheinung zu bejubeln. Und so schließt sich der Jahresring: „I love to entertain“, antwortet Jodina auf die Frage, was Antrieb für dieses kräftezehrende Aufbäumen ist,“it keeps me going.“ Und das ist der Deal: „Erst, wenn sich die hübschen und knackigen jungen Männer richtig amüsieren, fühle ich mich pudelwohl.“

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