Eine gute Idee, genug Geld, ein Experiment. Nach der ersten Umbesetzung schwebt das Americana-SupertrioThe Thorns im dritten Himmel der Harmonie

Da hocken sie, die Drei von der Harmonies-Zapfsäule. Und wollen optisch nicht so gut zusammenpassen wie musikalisch. In der linken Ecke Pete Droge, der Prototyp des sympathisch-schluffigen College-Hängers, rechts gegenüber Shawn „Lullaby“ Mullins, der jetzt mit kurzen Haaren noch beflissener wirkt als zuvor mit langen. Und nicht zufällig im Zentrum, mit imposanter Sonnenbrille, Matthew Sweet. Er ist der primus inter pares, nicht nur, weil er die Namensidee für die Thorns hatte und auf die längste Solo-Karriere verweisen kann, die schon 1991 mit „Girlfriend“ den Album-Prototyp des Power-Pop für die gesamte Dekade hervorgebracht hatte.

Noch ohne Sweet und ohne Namen hatte es angefangen, nachdem ein Plattenfirmenmann nicht nur mal eine gute Idee, sondern gleich auch noch ein Budget dafür hatte. Man bringe verschiedene Songwriter zusammen, lasse sie ganz ohne Vorgaben und Zeitdruck schreiben, singen und spielen und… „Es war ein Experiment“, sagt Droge, der mit Mullins sowie Marshall Altman und Glenn Phillips (Toad The Wet Sprocket) im März 2002 zur Ur-Runde gehörte.

Ein Song aus diesen Quartett-Tagen, „No Blue Sky“, überlebte sogar bis zum Album, doch erst mit Sweet (für Altman/Phillips) „entwickelte das Ding wirklich Leben“, so Droge. Dabei stand Sweet der Offerte durchaus skeptisch gegenüber. Weniger, weil er den Katalog der beiden Kollegen nur flüchtig kannte, sondern weil „ich gerade aus einem langen fertrag raus war“ – und deshalb nicht gleich scharf auf den nächsten. Den nach dem ersten Demo prompt offerierten One-Off-Deal nahm aber auch Sweet gerne. „Als Matthews Name fiel, hatte ich gleich ein gutes Gefühl“, sagt Droge. „Er tendiert ja eher zum Lauten, Elektrischen, während Shawn aus der Folk-Ecke kommt. Und ich stecke dazwischen. Mein Gefühl war: Genug gemeinsam, aber nicht zuviel gemeinsam.“

Gemeinsam ist ihnen vor allem Gesanggegeben, der im Trio prächtig harmoniert und als einziges Cover selbst „Blue“ von den Jayhawks trägt „Wir wollten ein zeitgemäßes Cover, nicht irgendeinen alten Song aus der großen Harmonies-Ara“, erklärt Sweet. Und Mullins ergänzt: „Das ist ja auch Folk-Tradition. Denn wir tun nur das, was sie damals schon gemacht haben: Gegenseitig die Lieder der anderen singen.“

Was mit guten Solo-Sängern, so wiederum Sweet, „viel cooler ist als mit Band-Musikern, die auch ein bisschen singen. Es gibt einfach diese Reaktion auf unsere Harmonies, vor allem, wenn die Leute uns auch singen sehen. Sie sind fast verzaubert Merkwürdig. Es ist zwar nicht halb so gut wie Crosby, Stills & Nash, aber einfach so ungewöhnlich heute: mellow music with harmonies. Es war ein kleines Projekt ohne viel Druck. Aber die Reaktion auf die Harmonies war so stark, dass die Thorns jetzt mehr Platz in meinem Leben einnehmen, als ich gedacht hatte. Und ich denke, die Jungs sehen das ähnlich.“ Allgemeines Kopfnicken von links wie rechts. Ein Thorn für alle, alle für einen.

Die Einzel-Karrieren der Drei werden dennoch weiterlaufen. Pete Droge, der ganz froh ist, „nicht immer nur ein Solo-Künstler zu sein“, hat immerhin die Veröffentlichung seines bereits fertiggestellten nächsten Albums (dem Nachfolger zu „Beneath The VebetSun“ von 2000) nach hinten geschoben, um den Start der Thorns schnellstens zu ermöglichen; Shawn Mullins hat ebenfalls eigenes Material parat, das noch in diesem Jahr rauskommen könnte. Und was, wenn die Thorns als Überflieger so richtig abheben?

Mullins: „Dann wollen wir mehr Geld.“ Matthew Sweet: „Mehr? Überhaupt irgendwas. Bisher ist da ja außer Spesen kaum was gewesen.“ Und da lachen sie, die Drei von der Harmonies-Zapfsäule.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates