Eric Pfeils Pop-Tagebuch: Einen Keks auf Lemmy Kilmister!

Ursprünglich wollte unser Autor nie wieder über Heiligabend schreiben. Warum Lee Dorsey, Doyle Bramhall II und der Motörhead-Chef das ändern


Folge 70

Eines vorab:Iich habe wirklich versucht, in meinem Dezember-Text nicht über Weihnachten zu schreiben. Schließlich sind Weihnachts-Pop und Rockfestivals die beiden Themen, zu denen ich mich nie mehr schriftlich irgendwo äußern wollte. Aber ich bin mit meinem Anspruch, das Thema zu umschiffen, kläglich gescheitert. Andererseits kann man diesen Text mit ganz viel Gewalt auch als Anti-Weihnachtstext lesen. Ich möchte mich nämlich im Folgenden mit all den Popstars beschäftigen, deren Geburtstag auf den 24. Dezember fällt und deren Bejubelung im allgemeinen Weihnachtsgebimmel immer etwas untergeht.

Der prominenteste dieser Künstler ist wohl Lemmy Kilmister (* 1945). Da mir über diesen Gentleman fast alles gesagt zu sein scheint, rasch zum nächsten an Heiligabend geborenen Musiker: Lee Dorsey (* 1924), der noch während seiner aktiven Musikerzeit ein Lebensmittelgeschäft eröffnete. Ich finde, es sollten viel mehr Musiker Lebensmittelgeschäfte eröffnen. Vor allem aber Doom-Metal-Musiker, doch das nur am Rande. Lee Dorsey (der einen meiner Lieblingssongs, „Ya Ya“, auf dem Kerbholz hat, was Grund genug ist, ihm zu Ehren minütlich den Christbaum zu umtanzen) war aber auch zuvor schon in schillernden Berufen tätig: Zunächst als Boxer (sein Kampfname: Chocolate Kid), später betrieb er eine Autowerkstatt. Er verstarb 1986.

Keine Autowerkstatt betreibt Doyle Bramhall II (* 1968). Allerdings finde ich, dass ein Mensch mit Namen Doyle Bramhall II eigentlich gar nichts mehr in seinem Leben machen muss. Wer so heißt, darf eigentlich den ganzen Tag rumlungern und der restlichen Menschheit bei der Menschheitsverwaltung zuschauen. Tatsächlich aber ist der Mann ausgesprochen aktiv und steht fast ununterbrochen auf Bühnen oder in Tonstudios herum. Es muss indes gesagt sein, dass sein Schaffen eher dem, nun ja, langweiligen Teil des Musikgeschäfts zuzuschlagen ist: Bramhall II wirkt nämlich als Studio- und Tourmusiker für Leute wie Eric Clapton und Roger Waters. Immerhin endet sein Wikipedia-Eintrag mit dem schönen Satz: „Im Winter 2012 ergab sich eine Liaison mit Renée Zellweger.“ Das kann nicht über jeden geschrieben werden.

Etwas ganz anderes ergab sich für Dave Bartholomew (* 1920): Der Mann aus Edgard/Louisiana war zwar als Musiker selbst nicht sonderlich erfolgreich, schrieb aber etliche unverwüstliche Rhythm-&-Blues-Kracher, unter anderem für Fats Domino. Er selbst behauptet von sich, über 4.000 Songs verfasst zu haben. Bei so einem Pensum kann sich natürlich keine Liaison mit Renée Zellweger („The Return Of The Texas Chainsaw Massacre“) ergeben.

Auch nicht eben untätig war der niederländische Rock- und Jazz-Gitarrist Jan Akkerman (* 1946), der für sich in Anspruch nehmen darf, die Laute in die Rockmusik eingeführt zu haben. Will ein Angelsachse einen Menschen als „Lautenspieler“ beschimpfen, kann er übrigens zwischen folgenden Wörtern wählen: „lutenist“, „lutanist“, „lewtist“ oder „lutist“. Ein Lautenbauer wiederum ist ein „luthier“. Doch all das nur am Rande.

Nicht Lautenist, sondern Bassist war der leider 2010 verstorbene Tom „T-Bone“ Wolk (* 1951), der vor allem mit dem Pop-Duo Hall & Oates spielte. Auch für Elvis Costello, Nick Lowe und die Saturday-Night-Live-Studioband griff der Amerikaner zum Viersaiter. Und noch ein Bassist muss erwähnt werden: Gary Lachman (* 1955), besser bekannt als Gary Valentine. Valentine ist heute vornehmlich als Autor und Essayist tätig, meist zu den Themen Europäische Geistesgeschichte und Okkultismus.

Eben fällt mir auf: Seit 1968 ist kein namhafter Popmusiker mehr am 24. Dezember geboren worden. Woran das liegt? Nun, mir scheint das Thema geeignet, um in besonders faden Festtagsstunden mal darüber nachzudenken. Ansonsten gilt: Knuspern Sie in der Heiligen Nacht auch mal einen Weihnachtskeks in Gedenken an Lemmy Kilmister, Lee Dorsey, Doyle Bramhall II, Dave Bartholomew, Jan Akkerman, Tom „T-Bone“ Wolk und Gary Valentine!

Das nächste Mal eventuell an dieser Stelle: Alles über Doyle Bramhall, den Vater von Doyle Bramhall II!

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