Für das Land der Freiheit

Es gibt ein neues Album von FILTER, aber deren Chef Richard Patrick möchte nicht darüber reden. Er warnt lieber vor den Amerika-Feinden, die er überall sieht

Man weiß nicht, was soll es bedeuten. Ist Richard Patrick ein Showman oder einfach nur ein Spinner? Bei der Veranstaltung, die ein einfaches Interview zum neuen Filter-Album „The Amalgamut“ werden sollte, benimmt er sich jedenfalls nicht wie ein normaler Rockstar. Obwohl er ein Dutzend Mal betont, dass er ja ein Rockstar sei.

Zuerst zitiert er minutenlang „Apocalypse Now“. Dauernd schreit er „Napalm!“ oder „They’re coming!“, und springt in seinen Armeehosen durchs Zimmer. Er schließt die Fenster, obwohl es schon unerträglich heiß ist. „Sie können uns sonst hören. Der Feind steht vor der Tür.“ Des Hyatt-Hotels? „Naja. Klar. Al Qaida ist überall. Wir müssen aufpassen.“ Gut, reden wir leiser. Aber reden wir doch bitte über Musik. „Was soll ich dazu sagen? Das Album ist großartig. Wir haben ein Jahr in meinem Studio daran gearbeitet und nicht darauf geachtet, ob uns das Geld ausgeht. Jetzt bin ich arm. Wahrscheinlich muss ich Söldner werden.“ Dann fangt er an, den Tisch zu putzen, obwohl der gar nicht schmutzig ist. „Man muss Ordnung wahren. Ordnung. Gesetz. Dem Land dienen. Charlie doesn’t serve. Charlie doesn’t serve.“

Gefragt, ob er nicht über seine durchaus interessanten Songs sprechen möge, schüttelt er den Kopf: „Wichtig ist nur eins: die Freiheit. Amerika ist das Land der Freiheit. Ich bin in der 13. Generation Amerikaner. Die Terroristen wollen nur unser Land vereinnahmen, die schießen mir bald in den Rücken, wenn ich nicht vorsichtig bin. Aber mein Großvater hat nicht mit dem Kopf im Schlamm eines Schützengrabens gelegen, damit ich feige bin. Ich muss sagen, was ich denke, ohne Angst zu haben, dass ich falsch verstanden werde.“

Aber was denkt der Mann bloß? In Liedern wie „American Cliche“ und „Where Do We Go“ hinterfragt er kritisch die amerikanische Gesellschaft, aber das will er heute nicht diskutieren, „Der Song ‚Columind‘ dreht sich um die Gedanken, die die beiden Attentäter in Columbine wohl hatten. Man will immer Bands dafür verantwortlich machen, oder die Schule, die Eltern, die Medien. Aber kranke Kids wird es immer geben, das hat nichts mit Slipknot zu tun. Slipknot sind so genial wie die Beades, das kannst du gern schreiben. Ich habe keine Angst, sowas zu sagen. Amerika ist meine Heimat, und es ist ein freies Land. Wir müssen den Feind bekämpfen, solange wir noch können.“

Zum Glück kommt Gitarrist Geno Lenardo hinzu und beruhigt den Sänger und „Mastermind“ ein bisschen. Geno erzählt von der tollen Zusammenarbeit mit Produzent Ben Grosse und wie gut man sich als Band fühle und – dann brüllt Patrick wieder: „Charlie doesn’t serve!“ Geno lächelt nachsichtig und drückt ihn in die Sofakissen. „Sei doch friedlich. Du bist nur ausgelaugt, nicht verrückt. All die Pressetermine sind vielleicht zu viel für dich“, versucht der nette Mann zu vermitteln. Worauf Patrick ihm seinen Hintern vors Gesicht hält und laut furzt. Die Konversation ist fast vorbei.

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