Iggy Pop

Ist „Naughty Little Doggie“, der Titel Deines neuen Albums, eine Anspielung auf Gangsta-Rapper à la Snoop Doggy Dogg?

Eigentlich sollte das Album „Innocent Little Doggie“ heißen, aber auf dem Weg zur Druckerei hat einer wohl einen Bock geschossen. Ich mußte lachen, dachte mir dann aber: „Hey, das ist ja wirklich gut“ also hab ich’s gelassen. Meine Mutter mag den Titel übrigens auch. Ich wollte auf keinen Fall einen „künstlerisch wertvollen“ Titel Ich wollte einen Titel, mit dem das Rock-Establishment gar nichts anfangen kann. Und das hab ich geschafft.

Bist Du manchmal überrascht, daß Du noch am Leben bist?

Nein, ich bin nicht überrascht (lacht). Sicher, ich stolpere bisweilen in unschöne Situationen, in die ich schon einmal gestolpert bin. Dann geht eine kleine Sirene in meinem Hinterkopf los, und ich sage mir: „Nicht zum zweiten Mal, motherfucker.“ Reden wir jetzt von Drogen? Nimmst Du überhaupt welche?

Ginseng, Kaffee, Alkohol, selten mal Marihuana, noch seltener Koks. Reicht das? Im Grunde bin ich ziemlich normal.

Was fasziniert Dich heute an Drogen?

Die Leute, und ich schließe mich da keineswegs aus, kaufen nicht das High, sondern das Mysterium des Highseins. Selbst bei Alkohol kaufst du das Mysterium, und genau so wird das auch vermarktet. Ich sehe keinen Grund, mein ganzes Leben auf diese Dinge zu verzichten. Es macht einfach keinen Spaß! Andererseits bin ich heute die Mäßigung in Person. Alle paar Monate, und nur wenn ich locker genug drauf bin, nehme ich einen Zug von diesem oder eine Prise von jenem. Und dann denk ich prompt: „Waaawas machst du da?“ Die Regel aber sind Tage, an denen ich nichts nehme und mich trotzdem wohl fühle.

Bereust Du Dinge, die Du in Deinem Leben getan hast?

Nein und ja, jedenfalls nichts, was ich herausposaunen möchte. Um die Wahrheit zu sagen: An das meiste kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich weiß nur, daß manchmal Schäden ersetzt werden mußten.

Würdest Du heute die selben Entscheidungen treffen wie damals?

Absolut. Weil ich das Endresultat mag. Ich würde mit dem Schicksal nicht pokern wollen.

Warst Du jemals beim Psychiater?

Ja und nein. Ich war nie in Behandlung. Ich hatte ein Drogenproblem, bevor es Rehabilitationsprogramme gab. Ich kam an einen Punkt, an dem ich mich selbst einsperren lassen wollte. Also ging ich zum nächsten psychiatrischen Institut, und da war dieser nette, junge Psychiater, der gerade Dienst hatte und mir helfen wollte. Also zog ich ein und hockte dort mit durchgeknallten Hausfrauen zusammen und einem Mann, der glaubte, fliegen zu können und deshalb ständig aus dem Fenster sprang. Das war 1975. Der Psychiater und ich, wir sind immer noch gute Freunde. Neben meiner Frau ist er eine der Schlüsselfiguren in meinem Leben.

Was können junge Bands von Dir und Deinem Leben lernen?

Oh Gott Du kannst gute Musik machen, ohne je von Iggy-Fucking-Pop gehört zu haben. Ich bin vollkommen überflussig.

Was hältst Du von der neuen Generation der Punk-Bands?

Es gab und gibt überall auf der Welt kleine Punkbands, die vor sich herumpunken. Ich mag sie gern, vor allem wenn ich sie in New York auf der Straße treffe und mit ihnen rede. Auf jeden Fall ziehe ich Punk dem amerikanischen Rock-Scheiß vor.

Dabei ist es doch Mode, neue Bands wie Green Day niederzumachen…

Ich und die anderen Punks, die vorher da waren, sollten sich glücklich schätzen, daß überhaupt jemand auf die Idee kam, den Stil wieder aufleben zu lassen. Sicher, ein Risiko gehen sie heute nicht mehr ein. Wirklich aufregend sind sie nicht. Aber dafür spielen sie erheblich professioneller als die Punks der ersten Stunde. Das ist eine Entwicklung, über die ich mich durchaus freuen kann.

Obwohl Du Dich selbst vom Punk entfernst. Zum Beispiel schreibst Du gerade für Johnny Depps nächsten Film „The Brave“ die Musik…

Ja, akustische Musik. Ich versuche, so viele verschiedene Sachen zu machen wie möglich. Die Brooklyn Philharmony hat mich sogar gefragt, ob ich Evergreens mit Orchesterbegleitung singen möchte!! Es gibt Bereiche, in denen ich nicht glaube, noch wachsen zu können. Also muß ich mir neue Sachen suchen, sonst bin ich tot Hattest Du mal eine Frisur, die Dir heute nur noch peinlich ist? Ich denke nicht primär über meine Haare nach, wenn ich alte Bilder sehe. Ich denke mehr über meinen Zustand zu jener Zeit nach, was für eine Person ich damals war. Ich gehörte nie zu den Leuten, die einen modischen Haarschnitt hatten. Als lange Haare in waren, hatte ich kurze. Als Irokesenfrisuren in waren, hatte ich keinen. Und so weiter. Ich lege keinen Wert auf Haare oder Kleidung.

Spielst Du denn noch Golf? Nur noch selten. Ich habe regelmäßig gespielt und es genossen – vor allem, als es absolut uncool war. In meinen Kreisen war das nun mal keine gute Visitenkarte.

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