Jan Böhmermanns Vergleich der RAF mit der FDP: Monsters of Meinungsvielfalt

TV-Komiker rüttelte mit seiner RAF-Gleichsetzung mit der FDP an tiefliegenden deutschen Traumata. Ist das nun lustig oder geschmacklos? „Satire darf alles“ sagte weiland der Dichter Kurt Tucholsky

In den späten 1970er- und 1980er-Jahren hing das Plakat in jedem Postamt. Schwarz-weiße Gesichter mit kargen Bildunterschriften. RAF-Terroristen, gesucht von Deutschland. Gudrun Ensslin, Andreas Baader, Ulrike Meinhof … „Alarm für Stuttgart: Drei Bomben gehen hoch“ titelte damals die „Bild“.

Rund 40 Jahre später macht der Fernseh-Komiker und Polizisten-Sohn Jan Böhmermann aus dieser historischen Optik einen veritablen „Uffreger“, wie man im Berlinischen zu sagen pflegt. In seiner ZDF-Satireshow vom Freitag (25. November) erklärte er die FDP zur neuen RAF. Das ikonische Fahndungsplakat aus den 70er-Jahren, welches die Böhmermann-Redaktion für die Sendung umgestaltete, sorgte vor allem in den sozialen Medien für Alarm. Böhmermanns Hastag #rafdp kursiert seitdem.

Denn statt Macho-Man Baader zierte FDP-Poster-Boy und Bundesfinanzminister Christian Lindner das „neue RAF-Plakat“. Auch der einstige Chefredakteur des „Spiegel“ und heutiger „WeltN24“-Herausgeber Stefan Aust wurde darauf in schwarz-weißer Seventies-Optik abgebildet, ebenso u.a. „Welt“-Herausgeber Ulf Poschardt.

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Die ganze Chose wurde vom Böhmermann-Team sorgfältig orchestriert. Bereits am Freitagmittag twitterte der ZDF-Schelm seinen Coup mit den Worten: „Für Hinweise, die zur Ergreifung der Gesuchten führen, ist eine Belohnung von 100.000 DM ausgesetzt“.

„Satirische Überzeichnung“ befand etwa Spiegel Online. Zum Einklang in diese Motto-Sendung werden Clip-Sequenzen gezeigt, in denen AfD-Politikerin Beatrix von Storch Klimaaktivisten als „grüne RAF“ bezeichnet. Auch der notorisch aufgeregte Rainer Wendt, in seiner gewohnt alarmistischen Rolle als Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, spricht im Duktus der damaligen Zeit von „Chaoten“ und „Extremisten“.

Böhmermann legte mit seiner typischen „Joker“-Miene nach: Die Klima-RAF wäre nur ein „Pritt-Stift davon entfernt, den Arbeitgeber-Präsidenten zu erschießen“. Eine Anspielung auf die Entführung und Ermordung Hanns-Martin Schleyers, der in seiner Jugend ein SS-Führer im besetzten Prag gewesen ist. Böhmermann rüttelte mit Anlauf an deutschen Traumata.

Ob das nun „lustig“ ist oder „heimtückisch“ ist bzw. empfunden wird – das sollte jeder/jede für sich selbst entscheiden dürfen. Die gesamte Motto-Show war auf Tiefschlag-Witze programmiert. Eine komplett überdrehte Polit-Alberei. Laut Böhmermann streben es „moderne Linksextremisten“ an, ihre politischen Botschaften auf YouTube zu verbreiten, wie besagter Christian Lindner auf seinem YouTube-Kanal. Dort „fährt“ dieser auch sein 911er-Faible „aus“ oder zelebriere seine Glamour-Hochzeit auf der „Punker-Insel Sylt“. Und einen Porsche, so betont Böhmermann, habe ja auch Andreas Baader gefahren. Oho.

Das ist böse, herzlos und gemein – und voll auf die Zwölf. Vor allem aber total albern. Ernst nehmen muss man den öffentlich-rechtlichen Hofnarren, der mit einem satten Vetrag ausgestatten ist, dafür auch nicht. Oder, um es mit Manfred Mann’s Earthband zu sagen: „HaHa, said the Clown!“

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