Jeff Ament

Jeff Ament hat, so scheint’s, seine Bestimmung gefunden. Nach turbulenten Jahren als Pearl Jam-Drummer widmet sich der 33jährige Wahlkalifornier derzeit Three Fish, einem neuen Projekt mit Robbi Robb, vormals bei Tribe After Tribe, und Richard Sturverud. Der sonderbare Bandname ist einem Gedicht des Mystikers Rumi entliehen, das von drei verschieden schlauen Fischen handelt. Das Debüt-Album hat wenig mit Pearl Jams Stadion-Grunge zu tun – mehr mit dem Progressive Rock der Siebziger. Zur Zeit sind Three Fish auf Tour.

Welcher Fisch bist Du: der intelligente, der halbschlaue oder der dumme?

Sicher der dumme. Und das empfinde ich oft ab Glück. Gerade in kreativen Dingen verliere ich mich in der rechten Hirnhälfte. Als ich nach Seattle zog, war ich sowieso der dumme Fisch, weil ich aus Montana kam und mit Jungs rumhing, die fünf oder sechs Jahre jünger als ich waren, aber vom Leben in der Stadt viel mehr verstanden. Sie nahmen Drogen und hatten millionenmal Sex gehabt – heute sehe ich, daß man ihnen die Kindheit geraubt hat. Mich hat niemand gehetzt, erwachsen zu werden auch wenn ich’s meinen Eltern damals krumm nahm, daß sie mich am Arsch der Welt in Montana aufwachsen ließen.

Warum Seattle?

Ein Freund von mir war hingezogen. Ich besuchte ihn und merkte, daß ich dringend ein kreativeres Umfeld brauchte. Einige Konzerte beeindruckten mich schwer: Black Flag, Bad Brains, Dead Kennedys. Wir spielten als Opener für Black Flag, da gab’s keine Garderoben für die Bands – nur Henry Rollins hatte eine eigene.

Das heißt, er war eine Punk-Diva?

Das hast jetzt Du gesagt Er ist ein interessanter Typ, obwohl ich nicht unbedingt ’nen Draht zu ihm habe.

Wie kam Deine neue Band Three Fish zusammen?

Tom Petty gab mir eine Cassette von Tribe After Tribe. Pearl Jam waren auf Tournee, da haben wir sie eingeladen, und Robbi und ich mochten uns sofort. Er ist bei den tibetischen Buddhisten aufgewachsen, ich dagegen bei strengen Katholiken. Und trotzdem hatten wir ganz ähnliche Erfahrungen: Schutz, Stille, Selbstfindung.“ Nicht zu vergessen meine letztjährige Reise nach Kairo und in die Türkei, wo ich Derwische und unglaublich gute Musiker Rituale zelebrieren sah. Ich hatte selten etwas so Packendes erlebt Welche Möglichkeiten gibt Dir Three Fish, die Du bei Pearl Jam nicht hast?

Ich spiele Percussion, Keyboards, singe… Bei Pearl Jam macht jeder seinen Job so gut, daß keiner zu sagen wagt: „Darf ich das singen“, oder: „Ich würd gern Gitarre spielen.“ Jetzt fällt mir das wesentlich leichter.

Wann hast Du das erste Mal mit Robbi gespielt?

Wir fuhren vor drei Jahren mal nach Big Sur. Neil Young hatte Pearl Jam zum Grillen eingeladen. Ich sagte zu Robbi: „Wenn Du magst, können wir zusammen hingehen.“ Und am Abend griff sich jeder ein Instrument und spielte.

Wer war da alles dabei?

Eddie (Vedder), Dave (Abbruzzese), Robbi, Neil, Manager, Familie. Robbi hat Stärken, die auch Neil Young hat. Die beiden spielten ganz ohne Hemmungen, ohne Furcht, also stiegen wir anderen auch ein. Und in dem Moment wußte ich, daß ich mit Robbi Musik machen wollte.

Wann kamen Pearl Jam das letzte Mal zusammen?

Vor ein paar Wochen. Wir hatten grade unser neues Album fertiggestellt Und alle waren nun schon ganz heiß darauf, möglichst bald wieder live zu spielen.

Trotz aller Publikumsakzeptanz und des immensen Erfolgs von Pearl Jam scheint Ihr doch ziemlich unter der Kehrseite des Ruhms zu leiden. Eure Grammy-Rede dieses Jahr haben manche z. B. als recht undankbar empfunden.

Hin und wieder feiere ich viel zu heftig, um zu merken, was für ein Idiot ich doch bin, und die Grammys hatten was davon. Dieses ganze High-Society-Volk, das da auf einen zukommt und dann auf Kumpel macht. Ich finde, Eddie hat sich da ganz gut ausgedrückt, so nach dem Motto: „Los, Leute, jetzt wacht mal auf.“ Vielleicht hätten wir noch genauer darauf eingehen sollen. Wir gehen zu solch einer Veranstaltung, um einen Abend mit Freunden und Kollegen zu verbringen. Dieser kleine Award, der uns ja sagen soll, wir seien besser als alle anderen, ist doch lächerlich.

Eddie Vedder macht nicht unbedingt den Eindruck eines glücklichen Zeitgenossen. Mußt Du ihm nicht manchmal sagen: „Hey, nimm doch alles nicht so verdammt schwer?“

Klar. Aber es gibt genauso Momente, wo er das zu mir sagt Er ist einfach sehr sensibel, und das kann ich jemandem ja wohl nicht zum Vorwurf machen. Die Leute sehen ihn nur 20 Sekunden lang bei den Grammys und denken: „Mann, der ist bestimmt immer so. Seine Freunde tun mir leid.“ Ich hab ihn auch schon draußen auf dem Meer erlebt, wie er ekstatisch auf dem Surfbrett steht. Also, Eddie hat schon so seine Glücksmomente.

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