Kinostart der Woche: „Das Kabinett des Dr. Parnassus“
Donnerstag ist Kinostarttag. Deshalb gibt es hier ab sofort jede Woche die aktuelle Empfehlung samt Kritik und Trailer. Diesmal mit "Das Kabinett des Dr. Parnassus" von Terry Gilliam.
Donnerstag ist Kinostarttag. Deshalb gibt es hier ab sofort jede Woche die aktuelle Empfehlung samt Kritik und Trailer. Diesmal mit „Das Kabinett des Dr. Parnassus“ von Terry Gilliams.
Bei Terry Gilliams bisheriger Katastrophenbilanz muss man es schon fast als Wunder bezeichnen, dass Gilliam für rund 30 Millionen Dollar mit „Das Kabinett des Dr. Parnass“ seinenzehnten Film überhaupt realisieren konnte. Weniger verwunderlich ist bei selbiger Bilanz allerdings, dass die Tragid um Heath Ledger natürlich auch ihn traf: Sein Hauptdarsteller verstarb 2008 während einer Drehpause. Da der Film aber auf zwei Bewusstseinsebenen spielt und Ledgers Szenen in der realen Welt bereits beendet waren, übernahmen Johnny Depp, Jude Law und Colin Farrell nacheinander seinen Part. Für den Freundschaftspart verzichteten sie auf Gagen.
Damit ist Gilliams ohnehin bizarre Parabal von Tod und Teufel zum Requim geworden, das Ledger hier erst recht wie einen Geist erscheinen lässt. Bleich, müde und ausgemergelt wirkt er – und man ist sich nicht mehr sicher, ob er nur perfekt seine Rolle spielt, diese seinen damaligen Gemütszustand spiegelt oder man sich als Zuschauer das einbildet. Die Imagination, von der das Märchen in trister Atmosphäre und mit irrwitzig surrealen Bildern erzählt, ist dadurch jedenfalls vollkommen.
Durch einen Zauberspiegel auf der Pferdekutsche von Dr. Parnassus (Christopher Plummer) können Kunden in ihre Gedankenwelt eintreten. Bei einer Wette mit dem diabolischen Zocker Mr. Nick (Tom Waits) hat er einst das ewige Leben gewonnen. Aber als er sich Jahrhunderte später verliebte, bekam er seine Sterblichkeit zurück. Bedingung: Am 16. Geburtstag seiner Tochter (Lily Cole) will Mr. Nick ihre Seele. Zum Joker wird dabei Ton (Ledger), der sein Vermögen einem Kinderhilfswerk verdankt und mit einem Strick um den Hals an einer Brücke hängt, weil er die Russenmafia reingelegt hat.
Gilliams denkwürdige Phantasmagorie über den Preis des Seins ist eine wehmütige Ballade, die mit einem pointierten philosophischen Duell zwischen Plummer und Waits glänzt – und mit letzter Kraft versöhnlich endet.
Oliver Hüttmann