Komische Gestalten bevölkern die Songs von INTERPOL, die den Hype um die New-York-Bands mit großem, schillernd düsterem Pop bereichern

Verbrechensbekämpfung mal anders: Interpol sind nach den Strokes der laute, neue, letzte Schrei aus New York, und ihr auf zwei EPs folgendes Debüt „Turn On The Bright Lights“ wohl das, was der Popkritiker als „atmosphärisch dicht“ beschreiben würde. Rätselhafte Botschaften aus dem Halbdunkel, mal „Untitled“, mal „Obstade 1“ und „Obstade 2“ betitelt, gemahnen an die Chameleons, an „Unknown Pleasures“ von Joy Division, an die frühen Cure und Sonic Youth. Wie sie vor einigen Monaten bei einem Gig in New York ins Vorprogramm von Belle & Sebastian rutschten, weiß wohl kein Mensch.

Die gemessene Stimme von Sänger und Gitarrist Paul Banks dagegen muss eine Leihgabe von John Cale sein. Oder etwa doch nicht? „Nein, ich bin nicht sehr vertraut mit seiner Arbeit, aber ich verwechsle ihn auch immer mit John Cage. Du meinst den von Velvet Underground, richtig? Ich wusste nicht, dass er etwas Ahnliches wie wir gemacht hat. Sollte ich mir mal anhören. Aber The Velvet Underground liebe ich natürlich.“

Während alle vier Bandmitglieder die Musik gemeinsam austüfteln, ist Banks für Gesangslinien und Lyrics allein verantwortlich. Überhaupt, die Texte das sind Geschichten, und ziemlich obskur sind sie obendrein. Da gibt es einen gewissen „Roland“, den abschließenden, nach dem Amerika-Entdecker Leif Erikson benannten Song und die wahrscheinlich gewaltigste, von Banks imitten der ersten Takte selbst angekündigte Anstrengung „Stella Was A Diver And She Was Always Down“. Ob schon wer wissen wollte, ob es Stella wirklich gibt? „Diese Frage wurde uns tatsächlich schon ein paar Mal gestellt“, entgegnet Banks nüchtern, „sie ist nur ein fiktiver Charakter, und manchmal frage ich mich, ob die Leute vielleicht enttäuscht darüber sind, dass ich Stella nicht wirklich kenne. Es kommt mir aber so vor, als würde ich sie kennen, auch wenn es sie gar nicht gibt.“

Banks ist ein Typ, dessen wachen Augen nicht das Geringste zu entgehen scheint: Stoisch analysiert er die möglichen Gefahren eines in England längst initiierten „New York-Hypes“, dessen backlash auch Interpol nicht verschonen würde, freimütig erörtert er den bandinternen Schlachtplan, der besagt, erst dann ausgiebig Promotion zu betreiben, wenn ein komplettes Album vorliegt, über das es sich zu sprechen lohnt Und während der Sänger so spricht und dabei nicht mal ansatzweise gepeinigt klingt, denkt man an all die anderen Melancholiker, die Tragödien in Moll verfassen und doch behaupten, im wahren Leben kein bisschen schwermütig zu sein. „Nun, auch ich bin immer mal wieder bedrückt, und ich glaube, dass es jedem so geht. Die meisten sagen es nur nicht, weil sie ihr Gegenüber nicht anöden oder belasten wollen.“ Zeit, das Licht zu löschen.

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