Kritik: Eric Clapton in Berlin – Blues im Blut

Das Publikum in der Mercedes-Benz Arena erlebt einen blassen „Slowhand“, der dem Adelsprädikat „Gitarrengott“ an diesem Abend nicht ganz gerecht wird.

„Working on the sound of the band, trying to get the music right“, moniert Eric Clapton in „Pretending“ – und wird mit dieser Aussage für das bevorstehende Konzert weitestgehend Recht behalten. Über die Hälfte der Show – da sind „I Shot The Sheriff“, „Nobody Knows You When You’re Down and Out“ und „Layla“ schon vorbei – gelingt es dem Team am Mischpult nicht, einen dem Gitarrengott würdigen Sound zu gewährleisten. Doch auch Sir Eric Clapton selbst war es an diesem Abend in der Mercedes-Benz Arena Berlin nicht möglich, dem Adelsprädikat gerecht zu werden.

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Wenn man die Gitarre von „Slowhand“ hören konnte, war sie nicht Mittel- und Höhepunkt – obwohl das Publikum Clapton durchgehend auf die Finger schaute: Die Bildschirme der Arena zeigten fast ausschließlich Griffbrett und Hände des Musikers, dafür haben die Leute schließlich bezahlt. Ja wirklich: dafür?

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„Key to the Highway“ und „I’m Your Hoochie Coochie Man“ sind als Blues-Standards zu harmlos, einfach zu steril. „I Shot the Sheriff“ gerät zum Soundcheck, Eric Clapton sucht noch nach den passenden Tönen. Überhaupt ist es gerade sein Cover – Gesang, Gitarre, Groove – des Wailers-Songs, der die Aufnahme von „461 Ocean Boulevard“ größer macht als das Original. Durch Instrumentierung und Backing-Vocals wird es aber wieder zur ursprünglichen Version, wenngleich Drummer Sonny Emory und Bassist Nathan East überragende Rhythmusarbeit leisten.

Eric Clapton in New York 1974.

Im Akustik-Set gibt es ein solides „Nobody Knows You When You’re Down And Out“ und das obligatorische „Tears in Heaven“, das als wippender Reggae aber keinen Sinn ergibt. „Layla“ unplugged ist zu schnell, Clapton verhaut vor der ersten Strophe die entscheidende zweite Note und traut sich nicht mehr an ein wirkliches Solo im Song heran. Eric Clapton lässt der Band den Vortritt – es sind Pianist Chris Stainton und Gitarrist Doyle Bramhall II, die mehr Soli spielen als der Mann draußen auf dem Plakat.

Eric Clapton

Nach neun Songs ist der Sound endlich gut, ausgerechnet zu „Tearing Us Apart“ und „Holy Mother“ von „August“, die zusammen mit den Songs von „Journeyman“ Claptons blasse Achtziger-Phase mit Klischee-Produktion und unmodischen E-Gitarren markieren. Mit „Crossroads“ rettet sich Clapton dann doch noch: Es ist das einzige ehrliche Solo auf seiner Stratocaster, das man ihm heute abkauft. Bei „Cocaine“ strömen dann die Zuschauer vor die Bühne, auf die Clapton den in Berlin lebenden Jazzgitarristen Kurt Rosenwinkel holt.

Die einzige Zugabe, „Before You Accuse Me“, klingt dabei wie eine faule Ausrede – Eric Clapton kommt nicht mehr zurück.

Setliste:

  1.  Pretending
  2. Key to the Highway
  3. I’m Your Hoochie Coochie Man
  4. I Shot the Sheriff
    Akustisch:
  5.  Driftin‘ Blues
  6. Nobody Knows You When You’re Down and Out
  7. Tears in Heaven
  8. Layla
  9. Running on Faith
    Elektrisch:
  10. Tearing Us Apart
  11. Holy Mother
  12. Crossroads
  13. Little Queen of Spades
  14. Cocaine (mit Kurt Rosenwinkel)

Zugabe:

15. Before You Accuse Me (mit Kurt Rosenwinkel)

Michael Putland Getty Images
Phil Dent Redferns
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