Liebe auf den ersten Stich

Schönen Gruß an Billy Corgan: Wie Scorpions-Gitarrist Rudolf Schenker und Uli Jon Roth unvermutet einen neuen Musiker gewannen

Dass es einen Wurmkanal vom Universum der Smashing Pumpkins bis in den Weltraum der Scorpions gibt, hätte zumindest keiner erraten. Andererseits: Als bekannt wurde, dass Billy Corgan auf dem kürzlich erschienenen Scorpions-Album „Humanity – Hour 1“ als Gastsänger auftritt, war gleich klar, dass es sich nicht um Cross-Marketing handeln konnte. Sondern um einen Freundschaftsdienst. Bei den zwei Deutschland-Auftritten der Pumpkins Anfang Juni war Ex-Scorpions-Mann Uli Jon Roth (im Bild rechts mit Corgan) in der Zugabe dabei, in Nürnberg kam sogar noch Rudolf Schenker (Bild unten) auf die Bühne, seit 42 Jahren Gitarrist der Hannover Hardrock-Helden. Wir sprachen mit ihm über die gewöhnliche, ungewöhnliche Partnerschaft.

Herr Schenker, wie kamen die Scorpions mit Billy Corgan in Kontakt?

Ich habe ihn kennengelernt, als wir in Los Angeles unser Album aufgenommen haben. Am liebsten hätte ich ihn ja schon 2000 bei „Moment Of Glory“ dabeigehabt, unserer Kollaboration mit den Berliner Symphonikern. Da habe ich aber keinen Kontakt zu ihm bekommen. Wir haben jetzt ein neues Management für Amerika, und einer der Manager sagte zu uns: „Ich bin übrigens gerade auf dem Weg zu Billy Corgan.“ Und ich: „Mensch, sag dem mal einen schönen Gruß von mir!“ Eine Stunde später kriege ich schon eine riesengroße SMS: „Der Billy ist fast ausgeflippt… wenn du Zeit hast, komm doch mal vorbei!“

Wussten Sie denn, dass Corgan Sie schätzt?

Ja. in den Neunzigern sind die Smashing Pumpkins mal bei einem großen Festival in Deutschland aufgetreten, und da hat Billy unseren Song „Rock You Like A Hurricane“ angespielt. Das war mitten in der großen Alternative-Rock-Zeit, als die Scorpions total out waren. Und ich hab mir gedacht: Wer so viel Mut hat, da eine unserer Nummern zu spielen, der muss schon ein riesengroßer Fan sein.

Wie kam es dann zur Zusammenarbeit?

Ich bin dann in Los Angeles bei den Smashing Pumpkins im Studio vorbeigefahren. Da war totale Euphorie, Billy ist echt ausgeflippt. Wir haben uns über alles Mögliche unterhalten, er hat mir auch erzählt, dass er wahnsinnig viele Bootlegs von uns hat. Und ich sag dann: „Mensch, Kinder, hier hätten wir doch einen geilen Song. ,The Cross 1 – das wäre doch tierisch, wenn du da mitsingen würdest.“ Und Billy: „Mensch, das würde ich sofort machen!“ So ist diese Geschichte entstanden.

Gibt es musikalische Gemeinsamkeiten zwischen den Scor- pions und einer Band wie den Smashing Pumpkins?

Jetzt kann man’s ja sagen, wo sich die Alternative-Welle wieder geglättet hat: Ja! Das habe ich in langen Gesprächen mit Billie Joe Armstrong von Green Day festgestellt, an der Bar im Sunset Marquee Hotel. Und wenn mir auf der Melrose Avenue der Sänger von System Of A Down entgegenkommt, dann singt der „Still loving youuuuuuu….!“ Es ist nur eine Frage der Generation. Viele von den jungen Bands sind von den Scorpions geprägt worden, aber haben davon ausgehend ihren eigenen Stil entwickelt.

Die Krönung war Ihr Gastauftritt beim Live-Comeback der Pumpkins am Ring und in Nürnberg.

Bei einer Musikmesse in Los Angeles habe ich damals auch Billy und Uli Jon Roth miteinander bekannt gemacht, nachdem Billy so von ihm geschwärmt hatte. Bei „Rock im Park“ in Nürnberg wollte ich Billy dann besuchen, und schon beim Abholen der Backstage-Pässe bekomme ich eine SMS von ihm: „Mensch, könntest du nicht mit auf die Bühne kommen? Das war tierisch.“ Ich bin dann gleich in die Garderobe und hab gesagt: Lass uns mal den Song durchgehen!

Mal ehrlich: Kommen Sie sich nicht uncool vor, wenn Sie da als Leder-Typ zu den Elfen auf die Bühne gehen?

Nein, das war doch genau der Spannungsbogen! Ich bin ja sogar noch halbwegs zeitgemäß rockig angezogen, aber der Uli in seiner Hippie-Kluft – das hat es ja gerade so interessant gemacht. Und das Publikum ist total abgegangen! Billy ist einer, der Brücken schlägt, einer, der seinen Fans sagt: Seid nicht so engstirnig, öffnet euch! Ich glaube, die Musik hat an dem Abend so eine Power gehabt, dass die Leute das «erstanden haben.

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