Lou Reed – Hamburg, Docks

Man kann Lou Reed viel vorwerfen, aber eines nicht: daß er klare Entscheidungen meidet. Welche Entscheidung er für diesen Abend getroffen hatte, war vom ersten Song an klar. Reed eröffnete das Konzert mit „Sweet Jane“, und so folgte erwartungsgemäß eine Sammlung von Greatest Hits – die bei ihm nicht immer das Siegel „Best Of“ verdienen.

Denn das bieder rockende „Video Violence“ ist nun wirklich nicht der Grund, weshalb er zu den Lichtgestalten seines Fachs zählt. Aber das Publikum liebt diesen knödelnden Beat, und Reed, der seine Fans in den letzten Jahren immer wieder mit Konzept-Kunst verschreckte, will noch einmal das Rock’n’Roll Animal sein (das gezähmte, versteht sich). Und den average guy möchte er auch mal wieder raushängen lassen. Schluß mit der Anstrengung; ein bißchen Spaß muß sein: Bei „I Love You, Suzanne“ stellt er lustige Verrenkungen mit der Stimme an. Lou Reed der Komiker – das allerdings ist neu.

Ein bißchen zu kurz kommen da die Songs des neuen Albums, die er locker ins Programm einstreut. Es gibt gute Versionen vom Titelstück „Set The Twilight Reeling“ und von „Trade In“. Fernando Saunders gleitet sanft über seinen Baß, und der Klang im Konzert-Bunker Docks ist so gut wie nie zuvor – so gebührt es dem Sound-Fanatiker Reed. Trotzdem kann die Radikalität, mit der er sich jüngst in die Reihe der wichtigsten lebenden Musiker zurückgespielt hat, nicht vollkommen auf die Bühne gerettet werden. „Egg Cream“ zum Beispiel, auf dem Album monochrom und monströs, verliert von seiner monotonen Gewalt, weil der (ansonsten vorzügliche) zweite Gitarrist Michael Rathke ein bißchen zuviel mitmischt. Zum Schluß kommt Reed noch einmal auf die Bühne, um endlich „Walk On The Wild Side“ aufzufahren und „Satellite Of Love“ ins Volk zu summen. Es war eben eine Nacht der Greatest Hits.

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