Michael Kiwanuka beim Lollapalooza 2017: Retro-Soul-Power mit Botschaft

Mit einer nahezu perfekt abgestimmten Setlist beweist Retro-Soul-Sänger Michael Kiwanuka auf dem Lollapalooza Festival in Berlin, warum er eines der größten britischen Musiktalente der Gegenwart ist.

Michael Kiwanuka muss ein Zeitreisender sein. Jedenfalls wirkt der in Uganda geborene und in London aufgewachsene Musiker, als wäre er aus dem soulgetränkten 70ern in unser Jahrtausend übergetreten. Nur ein „Simpsons“-T-Shirt, auf dem Ralph Wiggum Faxen macht, gönnt sich Kiwanuka als kleine humoristische Referenz an das Hier und Jetzt.

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Schon mit „Cold Little Heart“ greifen die Musiker zu der Chance, ihr Programm mit einem sphärischen Intro zu eröffnen, das an Pink Floyd erinnert und Soul-Jazz -Größen wie das Adderley-Quartett zurück ins Bewusstsein ruft. Es ist nicht der erste Track, bei dem vor allem der selbstbewusste Leadgitarrist Michael Jablonka mit Fuzz-Gitarre im Mittelpunkt steht. Später zieht er mit dem komplexen Soundinferno „Rule The World“ tatsächlich jedes Register seines Könnens und stellt dabei den sich kaum von der Stelle bewegenden Kiwanuka glatt in den Schatten.

Der öffnet seine Augen eigentlich nur für einige seiner kurzen Ansagen, bevor er dann doch wieder hinabtaucht in seine Analogklangwelt. Der souveräne Songschreiber Kiwanuka weiß, dass er in Liedern wie „Tell Me A Tale“ seine vier Kollegen glänzen lassen kann, seine warme Stimme legt sich wie selbstverständlich über den Jazz-, Folk- und Gospel-Anschnitt.

Perfekt abgestimmte Setlist

Ein politisches Statement zu den Rassenunruhen in Amerika im Stile von Gil Scott-Heron und James Brown („Black Man In A White World“) findet in der außergewöhnlich geschlossenen, perfekt abgestimmten Setlist, die sich vor allem der funkelnden Stücke von Kiwanukas letzter LP „Love & Hate“ bedient, ebenso Platz wie eine Ballade, in der der Sänger fast wie Lionel Richie klingt („Father’s Child“).

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Passenderweise lassen die Veranstalter das Retro-Soul-Talent am Abend zur blauen Stunde auftreten. Im Übergang zwischen Hell und Dunkel, Tag und Abend, entfalten die raffinierten, hochemotionalen Lieder ihre volle Kraft – das versöhnliche „Love & Hate“ beschließt einen Auftritt der absoluten Sonderklasse.

Und dann gleichen die Flugzeuge, die das Gelände auf der Rennbahn in Hoppegarten in Richtung Flughafen Schönefeld überqueren, stimmungsvollen Leuchtkugeln. Oder ist eine fliegende Untertasse darunter, die Kinwanuka zurück in die 70er teleportiert?

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