Michy Reinckes – Vom Punk zum Marathon-Mann
Michy Reincke wurde, bevor er mit dem Taxi nach Paris fuhr, von Bob Dylan erweckt und von The Clash inspiriert.
Das Erste, was mich musikalisch wirklich bewegte, als mich der Hauch einer Ahnung anwehte, was Kunst in der Popmusik sein könnte, war ein Lied von Bob Dylan, das ich als 13-Jähriger im Radio hörte. „The Times They Are A-Changin'“. Mit meinem Schulenglisch verstand ich nur einen Bruchteil, aber ich schlug jedes Wort nach und war fasziniert von den Bildern aus Worten. Der Song war leuchtende Rebellion und Hoffnung auf den Segen des Wandels. Genau das Richtige für einen Pubertierenden. Man muss dazu sagen, dass dieses Lied damals schon gut zehn Jahre alt war und Dylan Anfang der 70er-Jahre alles andere als „cool“. Meine Freunde hörten Frank Zappa, Neil Young, Pink Floyd, Led Zeppelin, die ersten Lindenberg-Alben, David Bowie und Roxy Music. Ich hörte das auch gern, ein paar Jahre später sogar noch lieber, weil wir dann nachmittags nicht mehr nur Tee tranken und Zigaretten rauchten – aber Dylan blieb mein absoluter Held.
1978 trampte ich zu seinem ersten Deutschlandkonzert nach Dortmund. Nach der Zugabe verabschiedete sich der schlecht gelaunte Bob mit dem Hitlergruß in alle Richtungen und wurde später von Fritz Rau gerechterweise dazu verdonnert, auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg zu spielen. Da bin ich dann nicht mehr hingefahren. Dafür war ich beim legendären Markthallenkonzert von The Clash in Hamburg, bei dem Mick Jones schon nach zwei Songs verhaftet wurde, weil er einem Fan, der Joe Strummer von der Bühne reißen wollte, seine Gitarre über den Schädel gezogen hatte.
Wenige Jahre später spielte ich in einer Band, für die ich einen Song geschrieben hatte, der in der ersten Fassung „Ich traf Joe Strummer in Paris“ hieß. Der Hintergrund war folgender: The Clash befanden sich in der Auflösung, Joe hatte sich während der Europa-Tournee abgesetzt und niemand wusste, wo er war. Es ging sogar das Gerücht um, dass er sich umgelegt hätte. Stattdessen ist er aber unerkannt den Paris-Marathon(!) mitgelaufen und als er von Journalisten Wochen später in London gefragt wurde, wo er denn gesteckt hätte, sagte er nur: „Ich war so’n bisschen in Paris!“
Michy Reinckes neues Album „Der Name kommt mir nicht bekannt vor“ ist bei Rintintin Musik erschienen.