Mit dem Attractions-Keyboarder Steve Nieve stellt Elvis Costello das neue Album „North“ vor

Schon einmal hat Costello einen Song-Reigen den Irrungen und Wirrungen der Liebe gewidmet: „Juliet Leiters“ (1993), das Album mit dem Brodsky Quartet, war freilich eine theoretische, spielerische Sammlung von fiktiven Briefen, die von Shakespeares Tragödie inspiriert wurden. Anders als damals, ist der Künstler diesmal unmittelbar affiziert, wenngleich eher verschämt auf die Verbindung mit Diana Krall hingewiesen wird.

Man muss den echten, lebendigen Costello aber nicht im Kopf haben, um die exemplarischen, dringlichen Lieder von „North“ zu verstehen. Bei minderen Songschreibern würde eine solche Platte „persönlich“ genannt, aber die großen Beichten und Qualen hat Elvis auf früheren Alben ohnehin wortmächtig zersungen. „North“ ist auch anders als „Painted From Memory“ (1998), die Melodram-Kooperation mit Burt Bacharach: Dort gab Elvis den Cooner in großer Tradition, mied Sentiment und Pathos nicht und strapazierte seine Stimme bis an die Grenze ihrer Möglichkeiten. Dagegen unterspielt er die neuen Songs geradezu, setzt das Orchester sparsam ein, vermittelt Intimität, Verletzlichkeit und das Staunen angesichts des eigenen Hingerissenseins. Zugleich bemüht er sich um die Dekonstruktion, das Verstehen der vergangenen Liebe. Eine schmerzliche Aufgabe.

Vor vier Jahren war Costello zuletzt mit Steve Nieve auf Tournee, gab bejubelte Konzerte auch in Deutschland. Mit dem letzten Attractions-Getreuen wird er auch diesmal alte Stücke umarrangieren, selbst Gitarre spielen, vor allem aber Balladen singen. Damals entstanden verblüffende neue Versionen, Elvis musste für sechs Zugaben auf die Bühne zurückkehren, und er genoss den Triumph. Und: Er reüssierte als Sänger.

Nicht schlecht für jemanden, dem man vor 25 Jahren ob seines nasalen, quengelnden Tonfalls nur als Punk-Außenposten eine Chance gab.

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