Monday Tramps im Interview: „Ihr müsstet auf deutsch singen.“

Die Monday Tramps aus Freising bei München spielen eine Mischung aus Beat, Britpop und Rock’n’Roll. Die bayerischen Lads haben sich hohe Ziele gesteckt – und sind auch dazu bereit, einiges einzustecken.

Das größte Problem der Monday Tramps ist gleichzeitig ihre Stärke: Ihr musikalischer Einfluss. Den sieht man Sänger Tom Appel, Gitarrist Tobias Riedl, Bassist Dominic Barden und Schlagzeuger Max Blank an der Nasenspitze an. An den Beatles orientieren sich die vier um und aus Freising bei München, den Kinks und Stones, an Dylan und Springsteen. Letzterer inspirierte die Band, die sich im März 2010 gegründet hat, zu ihrem Namen, der vom Song „Born to Run“ abgeleitet wurde.

Diese Liebe zur Nostalgie – zu melodiösen Gitarren, harmonisierenden Gesängen à la John, Paul, George und Ringo und klassischem Songwriting auf Englisch – hat ihnen jedoch schon Türen verschlossen. „Bei einem Auftritt von uns war ein A&R von Warner“, erinnert sich Dominic Barden. „Der meinte dann hinterher zu uns: ‚Starke Musik, geiler Gig und ihr seid auch coole Jungs, aber ich kann euch leider nicht unter Vertrag nehmen. Ihr müsstet auf Deutsch singen.’“

Doch darauf haben die Tramps keine Lust. „Das ist das Schlimmste, das man als junge Band tun kann. Trends hinterher laufen.“ Tom Appel grinst verschlagen und nimmt einen Schluck von seinem Gin Tonic mit Gurke. „Deswegen mal’ ich mir kein Dreieck ins Gesicht, bau’ Synthesizer auf und spiel’ die 80er nach.“

Dieser leicht arrogante Laddism, der auch leidenschaftlich von Vorbild Noel Gallagher praktiziert wird, ist die zweite große Stärke der Band. Das hat einen einfachen Grund: Sie können es sich leisten. Obwohl sie sich hörbar am Who-is-Who der Musikgeschichte orientieren, kupfern sie nicht ab, sondern interpretieren Rock’n’R oll im heutigen Kontext.

So dringt im Vers von „Lullabies“ ein flotter Off-Beat durch. Dieser wird im Refrain mit einem Crescendo aus einer rollenden Basslinie und forcierten Gitarrenschlägen ersetzt, einer bratzigen Welle aus Schall, die vermutlich auch Dan Auerbach erfreuen würde. Ansonsten leben die Songs – wie etwa die Ballade „Summer Is Over“ -von den mäandernden Gitarrenmelodien und Tom Appels Tenor, der – klar und gleichzeitig leicht angeräuchert – wunderbar mit den Stimmen seiner Kollegen harmoniert. Denn bei den Monday Tramps singt tatsächlich jeder.

An ihr Debüt wollen sich die vier Bayern noch dieses Jahr setzen – voraussichtlich erst im Herbst, da sie den Sommer hauptsächlich auf Festivals und in Clubs auftreten werden. Live spielen, Erfahrung sammeln und dann weiter sehen. Sorgen um die Zukunft müssen sie sich jedoch keine machen, wenn ihr musikalischer Einfluss ihr einziges Problem bleibt.

Warum habt ihr euch entschlossen, euch auf Beat und Rock’n’Roll zu konzentrieren?

Tom Appel: Dazu haben wir uns nicht entschlossen, das kam einfach so. Wenn du dich dein ganzes Leben mit dieser Art Musik befasst und die dich fesselt, dann spielst du natürlich auch einen Stil, der dem ähnlich ist.

Dominic Barden: Ich glaube auch, dass es der größte gemeinsame Nenner ist. Jeder von uns hört unterschiedliche Musik, und das finden die anderen dann auch nicht unbedingt immer so toll, aber auf diese Musik steht eben jeder von uns.

Appel: Und natürlich sind die Beatles, zum Beispiel, die beste Band der Welt; unerreicht. Sich an solch einer Band zu orientieren kann ja gar kein Fehler sein.

Tom, du schreibst die Songs?

Appel: Es war früher so, aber jetzt sind wir eine Band und da hat eben jeder etwas zu sagen. Das ist eben auch geil, da spürt man gleich eine ganz andere Dynamik in den Songs. Wenn ein Lied im Proberaum entsteht, dann hat auch jeder irgendwo sein Stück mit dazu beigetragen und dann ist das Gefühl schon ein ganz anderes. So gesehen bin ich vielleicht noch der Hauptsongwriter, aber prinzipiell schreibt jeder mit.

Kommt eure Inspiration eher von einzelnen Songs oder bestimmten Künstlern?

Tobias Riedl: Ich glaube, das ist eine ganz persönliche Frage. Wenn einer in den Proberaum eine Idee mitbringt, dann hat jeder eine andere Herangehensweise. Bei mir ist es zum Beispiel tatsächlich so, dass ich zufällig irgendeinen Song meiner iTunes-Playlist höre und mir denke: „So was muss man eigentlich mal machen.“

Appel: Da sprichst du mir aus der Seele. Bei mir ist es meistens genauso, dass ich mir denke, ich will einen Song machen, der so klingt und dann schreib ich den und dann klingt er…

Barden: … komplett anders. (lacht)

Riedl: Es ist ja auch nicht das Ziel, einen Coversong oder eine neue Version dieses bestimmten Lieds zu machen. Aber mich können zum Beispiel fünf Sekunden oder zwei Akkordwechsel inspirieren und dazu bringen, etwas komplett anderes zu schreiben.

In den Texten eurer EP dreht es sich um das klassische boy-meets-girl-Szenario. Wollt ihr mit eurer Musik auch etwas sagen?

Appel: Mittlerweile ja. Das hat sich in den letzten Jahren geändert, da wir wohl gereift sind. In der kurzen Zeit, die wir als Band gemeinsam verbracht haben, haben wir auch schon einiges mitmachen müssen. Domi hatte zum Beispiel Krebs.

Barden: Deswegen haben wir auch eine ziemlich lange Pause machen müssen, uns haben eben doch in den eineinhalb Jahren seit unserer Gründung schwere Schicksalsschläge ereilt. So haben wir auch erst wirklich im vergangenen November mit einem Showcase im Münchner 59:1 mit unserer Band angefangen.

Appel: Das sind Dinge, von denen man gezeichnet ist. Domi hatte Krebs, das spricht Bände, der Max hat einen schweren familiären Verlust erleiden müssen… Natürlich schreibt man dann nicht mehr –p lump gesagt – „Love Me Do“.

Warum singt ihr Englisch?

Appel: Das kann ich beantworten, weil ich der Sänger bin, nicht wahr? Erstens kann ich nicht gut Hochdeutsch sprechen, weil ich Bayer bin, da geht’s schon einmal los. Zweitens haben wir unser ganzes Leben lang englische Musik gehört, so prägen sich die Ausdrücke und Floskeln ja ein. Man kann etwas im Englischen viel einfacher ausdrücken und es klingt auch immer cooler.

Barden: Ich finde aber, dass es bei uns auch verdammt logisch ist. Wir sind alle über unsere Väter, Brüder oder Cousins mit englischsprachiger Musik aufgewachsen und sind deswegen auch nie mit etwas wie deutschem Schlager oder ähnlichem in Kontakt gekommen.

Riedl: Es ist auch logisch, weil dieses Genre einen quasi auch auf die englische Sprache lenkt. Aber ich finde, dass es auch starke deutschsprachige Bands gibt. Aber es sind wirklich nicht allzu viele, die wirklich qualitativ gute Texte machen und die man sich auch ohne Fremdscham anhören kann.

Wo seht ihr euch in zwei, drei Jahren?

Appel: International erfolgreich. Das ist mein Traum, da muss man hinarbeiten. Hohe Ziele stecken.

Riedl: Ja, wir sind motiviert, geben Gas und hoffen, dass wir dann in zwei, drei Jahren schon tatsächlich etwas gerissen haben.

Appel: Wir müssen jetzt – auf gut Deutsch gesagt – natürlich noch viel Scheiße fressen, das gehört dazu. Aber dann schafft man sich ein Fundament, das einiges trägt. Ich habe einmal einen ziemlich guten Vergleich gehört: Man stellt sich nicht auf eine dünne Trittleiter, sondern baut sich eine Steintreppe. So fällt man nicht so tief, sollte man stürzen.

Barden: Wir wollen diesen Boxenweg aber wirklich gehen. Wir wollen viel live spielen und uns hocharbeiten. So muss das sein.

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