Mr. Smith geht nach Hollywood

Die besten Szenen hat Will Smith in beiläufigen Situationen, die in einer plötzlichen Pointe münden. So wie diese als Air Force-Pilot in „Independence Day“. Es ist später Vormittag, Smith liegt im Bett, als sein kleiner Sohn ihn zu wecken versucht und ruft, am Himmel sei ein Ufo. Smith murmelt irgendetwas von Unsinn, steht schließlich auf, trottet in die Küche und mit der Zeitung in den Garten. Einige Sekunden später erst bemerkt er, daß überall massenhaft Menschen stehen und nach oben starren, zögert aber, bis ein Schatten seine Fußspitzen streift, bevor auch er den Kopf hebt und diese riesige fliegenden Untertasse erblickt.

Oder auch in seinem neuen Kinofilm „Men In Black“ (ab 11. September) mit Tommy Lee Jones. Gerade haben er und Smith ein Raumschiff vom Himmel geschossen. Gelassen schauen sie zu, wie das Ding zu Boden stürzt. Durch die Wucht pflügt sich das Ufo allerdings auf die Männer zu. Wieder vergehen dramaturgische Sekunden, dann blickt Smith zu dem stoischen Jones herüber, hebt die Augenbrauen und bedeutet mit leichtem Kopfrucken: Hey, Alter, es ist Zeit zu gehen.

Hollywood hat einen neuen Star. Nach dem ältlichen Haudegen Harrison Ford („Krieg der Sterne„, „Indianajones“) und dem Mittvierziger Jeff Goldblum (,Jurassic Park“, „Independence Day“) schickt sich nun der 28jährige Will Smith an, zu den Schauspielern aufzurücken, die mindestens in zwei der zehn erfolgreichsten Filmen aller Zeiten mitgespielt haben. Barry Sonnenfelds „Men In Black“, von Steven Spielberg produziert, liegt mit etwa 208 Millionen Dollar Umsatz nur knapp hinter Spielbergs sechs Wochen früher gestartetem Sequel „Vergessene Welt“ – wiederum mit Goldbum. Addiert man die 140 Millionen Dollar dazu, die 1995 die Actionkomödie „Bad Boys“ mit ihm als Cop erreichte, ist Smith ein Hollywood-Hattrick aus dem Herzen jedes Produzenten gelungen.

Als „Box-office Prince“ inthronisierte ihn „Newsweek“ im letzten Jahr, das Magazin „People“ dichtete „Mister Smith goes to stardom“ nach der Frank-Capra-Satire „Mr. Smith Goes To Washington“, in der James Stewart als junger unbedarfter Abgeordneter in korrupte Kabalen des Kongreßes gerät und mit einer einsamen Redeschlacht die Ideale wieder zurechtrückt. So sind die letzten beiden Rollen des schwarzen Smith ähnlich Stewarts Smith: als Typus der Zeit ein unpathetischer Patriot, der mit Verve und unerschrockenem Glauben zum Helden wird. Amerika bewahrt die Welt wieder vor dem Bösen, Akteur aber ist ein Schwarzer, und das zum zweiten MaL „Seit Jahren retten Schwarze diese Welt“, sagt Smith. „Nur weiß es keiner. Bis ich kam.“ And kicked alten ’s ass.

Bisher wußte auch keiner, daß die Wahrheit nicht mehr da draußen ist, sondern mitten unter uns. Bis auf die „Men In Black“, Agenten einer Behörde, die geheimer ist als die CIA und das FBI zusammen. Sie tragen dunkle Anzüge, Sonnenbrillen und schmale Schlipse, und ihre New Yorker Zentrale ist mit dem Design der 60er Jahre im Stil der Spionagekrimis und Science-fiction-Filme ausgestattet. Denn die Jerry Cottons und James Bonds regeln die Ankunft von E.T. und Mt Spock. Extraterrestische Einwanderer warten am Zoll, aggressive Aliens werden zu Glibber eleminiert. Und der Flash einer Fotozelle an einem Metallstift löscht das Kurzzeitgedächtnis aller Zeugen.

Smith spielt einen Cop, der sich auch nicht abschütteln läßt, als ein Verdächtiger eine futuristische Waffe zieht und geschwind an der Wand eines Hochhauses emporklettert. So wird Agent Mn K (Jones) auf ihn aufmerksam und rekrutiert ihn als neuen Partner mit dem Kürzel Mr. J. Lakonisch erklärt er dem Novizen, Michael Jackson und Dennis Rodman seien Aliens, und Elvis sei nicht gestorben, sondern nur nach Hause zurückgekehrt. „Es ist wie ,Casablanca‘ ohne Nazis.“ In den 50er Jahren wäre die intergalaktische Immigration als Indoktrination durch den Kommunismus gedeutet worden. Besonders wenn eine riesige außerirdische Kakerlake einen Farmer aufschlitzt – und wortwörtlich in dessen Haut schlüpft, um derart getarnt die Eroberung der Erde vorzubereiten.

Allen merkwürdigen Ereignissen und unerklärlichen Phänomenen gehen sie nach, jener Schund in Billigblättern über Babys mit drei Köpfen und andere Freaks sind oft der erste Hinweis. Will Smith findet das nicht abwegig und outet sich als compiracy theorist. „Ich bin sicher, daß Aids bei Tests für biologische Waffen entstanden ist. Die CIA hat Drogen in die schwarzen Slums geschleust, warum soll sie nicht auch die Homosexuellenszene bewußt mit Aids infiziert haben?“ Mit der Überzeugung, daß Tatsachen bizarr wirken können, hilft J einer schwangeren Außerirdischen. Zwar ist er erst angeekelt, als er aber das glitschige Geschöpf dann in seinen Armen hält, strahlt er ungläubig: „Ich bin Vater.“

„Drei Dinge sollten Eltern ihrem Kind mitgeben: Liebe, Wissen, Disziplin“, sagt Will Smith, der 1988 als The Fresh Prince mit DJ Jazzy Jeff den Hit „Parent’s Just Don’t Understand“ rappte, wofür sie einen Grammy erhielten. Sein Vater, ein Elektriker und ehemaliger Air Force-Pilot, war „manisch diszipliniert“ und verließ die Mutter, als Will zehn Jahre alt war. Smith hat einen vierjährigen Sohn aus erster Ehe, die gegen Ende seiner Hauptrolle in der Familien-Sitcom „Der Prinz von Bel-Air“ zerbrach. Sein kleiner Prinzen wird Trey gerufen, ist aber Will Smith HL getauft. Die väterliche Strenge ließ Smith zum willensstarken und charmanten Chamäleon reifen. An einer katholischen Schule allein unter Weißen studierte der Schlingel mit dem Popcornlächeln und den Segelohren deren Art und Sicht, vom Vater lernte er das Schachspiel. Der Wißbegierige scheut nicht, einen Autor anzurufen, wenn er in dessem Buch etwas nicht verstanden hat. Er hat sich sogar den Slang der Schwarzen abgewöhnt Der Rassismus bleibt „Cops haben mich nur angehalten, weil ich ein fiicking nigger sei. Dann haben sie mich getreten. Nach meiner Aussage wurde behauptet, ich lüge.“ Da glaubt jeder an Verschwörung.

In „Das Leben ein Sechserpack“ von 1993 spielte Smith grandios einen schwulen Stricher. Nur küssen wollte er nicht „Das wäre… zu echt Schwarze identifizieren sich stark mit ihren Helden, gerade weil es so wenige sind.“ Zudem müsse er seinem Sohn ein Vorbild sein. So ist er smart und taff und trotzdem verspielt, ein all american boy und klasse kompatibler Darsteller. Natürlich geht keiner seinetwegen in Filme wie „ID4“

oder „MIß Aber er trägt die Filme zwischen den Spezialeffekten. Als er den gleichen Anzug wie Jones trägt, sagt Smith: „Der Unterschied ist: Bei mir sieht er erst gut aus.“

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