Regina Spector: Neues Spiel

Nach dem unerwarteten Erfolg von "Begin To Hope" reift Regina Spector zur großen amerikanischen Songpoetin.

In der Biografie eines Musikers, der mit Erfolg gesegnet wurde, sollten sich nach Möglichkeit wunder­liche Jobs finden lassen, in denen sie in der Zeit vor dem Durchbruch arbeiten mussten. Im Falle der New Yorker Sängerin Regina Spektor ist von einem Broterwerb auf einer Schmetterlingszuchtfarm zu berichten sowie von einer Anstellung in einer gynäkologischen Arztpraxis. Tiefgründige Einblicke in die weibliche Natur und eine verspielte Schwerelosigkeit sind heute nur noch in den Songs der 29-Jährigen geblieben.

Nach ihrem letzten Album „Begin To Hope“, von dem über eine Million Stück verkauft wurden, kann sich die gebürtige Moskauer­in voll auf ihre Karriere konzentrieren. Als sie zu Anfang des Jahrtausends noch in der Anti-Folk-Szene um Adam Green und Kimya Dawson durch die Clubs im East Village geisterte und von ihren ersten Aufnahmen auf eigene Kosten 1000 CDs pressen ließ, war die Vertausendfachung dieses Ergebnisses kaum vorhersehbar. „Wer sind diese eine Million Menschen, die meine Platte kauften? So viele Freunde habe ich doch gar nicht“, fragt sich Spektor und überlegt, ob nicht vielleicht doch ihre Eltern dahinter stünden.

Doch der Erfolg gehört ihr allein und bot sofort neue Möglichkeiten. Am Nachfolger „Far“ waren gleich vier Produzenten beteiligt. Neben David Kahane, der bereits für den Durchbruch verantwortlich war, nun auch der berühmt-berüchtigte Jeff Lynne, Mike Elizondo (Eminem, Dr. Dre) und Garret Lee (Weezer, R.E.M.). „Es war, als würde ich bei verschiedenen Lehrern Unterricht nehmen, und weil ich mit jedem nur einige Songs aufgenommen habe, hing das eigentliche Album nie als das große Ziel über uns“, beschreibt Spektor. Jeder der Song bekam seinen eigenen unabhängigen Charakter.

Für „Machine“ benutzte sie etwa Auszüge aus David Byrnes Klanginstallation „Playing The Building“. Byrne hat im Süden Manhattans ein riesiges, leer stehendes Gebäude so eingerichtet, dass man es mit einer kleinen Orgel komplett bespielen konnte. Regina tat es, nahm die Klänge auf und baute einen Song darum, alles mit Byrnes freundlicher Unterstützung. Auf „Dance Anthem Of The 80s“, einer Ode an die Schulterpolster und die Unbesonnenheit der 80er Jahre, verwendete sie einen Vocoder und ließ dazu Tuba und Cello erklingen.

Und für „The Calculation“ absolvierte sie erstmals eine Jamsession mit einem Bassisten und Schlagzeuger. Für Spektor, die klassische Komposition, Harmonik und Gesang studiert hat, war das intuitive Spiel kein unbedingt leichtes Unterfangen, gemeistert hat sie es trotzdem. Mit „Far“ reift Regina Spektor zur großen Künstlerin, die ihr Klavierspiel und ihre vokalen Fähigkeiten weiter entwickelt hat und sich nun als eine bedeutende amerikanische Songpoetin ihrer Generation präsentiert.

Jacek Slaski

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