Review: „Twin Peaks“, Staffel 3, Folge 13: It’s Hurley Time

Der böse Cooper gewinnt ein episches Duell im Armdrücken, Dougie wird fast vergiftet und James Hurley bringt wieder Frauenherzen zum Schmelzen.

Das ist passiert

Der böse Cooper (Kyle Maclachlan) ist Ray (George Griffith) dicht auf den Spuren und findet ihn schließlich mit seiner Gang in Montana in seinem Versteck. Von Boss Renzo (Derek Mears) – einem Burschen wie aus einem Jean-Claude-Van-Damme-Film – wird er schließlich erst einmal zum Armdrücken herausgefordert.

Kein Problem für Mister C., hat er doch, wie schon mehrfach in „Twin Peaks: The Return“ unter Beweis gestellt, übermächtige Kräfte. Der Widersacher wird nicht nur locker besiegt, sondern auch mit einem Faustschlag auf die nicht so feine Gore-Art aus dem Leben geboxt.

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Schließlich kommt es zum Kampf mit Ray (der in Episode acht schon versucht hatte, ihn auszulöschen). Bevor Cooper ihn ebenfalls hinrichtet, erfährt er noch von seinem Widersacher, dass FBI-Agent Phillip Jeffries (David Bowie) ihm befohlen habe, ihn umzubringen. Außerdem enthielt er von einer Person, dessen Namen er nicht nennen will oder kann, einen Eulenring, den er Cooper aufsetzen sollte. (Es ist jener Ring, den wir auch schon aus „Twin Peaks: Fire Walk With Me“ kennen). Jeffries soll sich im The Dutchman’s befinden – wo auch immer das ist. Der Gang schließt sich übrigens auch Richard Horne (Eamon Farren) an. Rays Seele landet dafür samt Ring im Red Room.

Dr. Jacoby alias Dr. Amp (Russ Tamblyn) trifft auf seinen größten Fan: Nadine Hurley (Wendy Robie). Sie gesteht dem Internet-Schwafler vor ihrem Geschäft mit den leise sich bewegenden Gardinen, dass sie in den letzten Jahren kein sehr schönes Leben geführt hat. Unterdessen trifft sich Norma Jennings (Peggy Lipton) in ihrem RR Diner mit einem Geschäftsmann namens Walter (Grant Goodeve), der sich um die Weitervermarktung des Diner kümmert. Kein schönes Gespräch, denn Norma muss zugeben, dass sie wegen der tiefen Liebe für gut gemachte Kirschkuchen einfach nicht genügend Umsatz macht. Außerdem gibt es ja immer öfter eine Freirunde für die Liebsten. All das wird schwermütig beäugt von Big Ed Hurley (Everett McGill), der anscheinend immer noch unsterblich in Norma verliebt ist. Ob beide nach wie vor eine Liaison haben, erfahren wir indes nicht.

Die Mitchum-Brüder (James Belushi und Robert Knepper) gönnen sich eine eigene Parade in der Versicherungsagentur, um ihre finanzielle Rettung zu feiern. Sie schenken Dougie einen brandneuen Wagen und Sohn Sonny Jim eine funkelnde Spielanlage für den Garten. Janey-E ist begeistert und würde ihren Dougie am liebsten vor Zuneigung auffressen.

Der wird allerdings von Anthony Sinclair (Tom Sizemore) bedroht, der von Mr. Todd (Patrick Fischler) beauftragt wurde, Dougie nun endgültig aus dem Weg zu räumen. Dafür soll er ihn vergiften. Doch das geht völlig schief, weil dem guten Anthony die Sicherungen durchbrennen und das schlechte Gewissen ihn fast selbst umbringt. Schließlich gibt es eine heftige Wein-Orgie vor Versicherungschef Bushnell (Don Murray).

Norma und Ed und Walter

Der arme Ed (Everett McGill). Richtig glücklich wird er einfach nicht mehr werden. Traurig verfolgt er Norma, wie sie ihrem Geschäftspartner Walter vom mies laufenden Diner berichtet. Sie rechtfertigt sich aber mit der hohen Qualität ihrer fabelhaften Kuchen. Mal wieder ein kleiner Seitenhieb von Lynch an die bunte Welt der Geschäftsmänner, die mit der großen Kunst einfach nichts anfangen können. Aus dem RR Diner soll nämlich eine kleine Franchise-Kette gemacht werden. Sie sei eine echte Künstlerin voller Liebe, aber Liebe bringe eben keinen Profit, so der gewiefte Zahlenmensch. Norma lehnt dankend ab. Zum Trost (für beide?) verabredet sie sich mit Walter zum Essen. Big Ed bleibt später nur, alleine in seiner Tankstelle sein Plastikessen zu sich zu nehmen. Die Kamera ist still bei ihm – ein schöner Edward-Hopper-Moment. Dann wird der Liebeskranke vom Abspann erlöst.

Nadine und Dr. Amp

Aber auch Nadine Hurley (Wendy Robie) wird in „Twin Peaks“ wohl niemals ihre tiefe Trauer abstreifen können: Verzagt trifft sie sich mit Lawrence Jacoby (Russ Tamblyn) vor ihrem Gardinen-Laden. Die sirren leise und monoton vor sich hin, während Nadine dem Schaufel-Verkäufer gesteht, dass sie sich schon durch eine Menge Scheiße schaufeln musste. Dr. Amp bleibt seiner Weltverschwörungsrhetorik treu: „It’s Us Against Them“. Zuletzt sahen sich beide übrigens vor sieben Jahren, als Nadine sich im Supermarkt gerade nach den Kartoffeln bückte.

James und alle Frauen dieser Welt

Auch der dritte Hurley im Bunde bekommt seinen großen Auftritt – nur ist es weniger er selbst, der ein gebrochenes Herz hat, als dass er anderen Frauen das Herz bricht. Im Bang Bang Club singt James (James Marshall) seine „Twin Peaks“-Schnulze „Just You“. Dazu weint Shellys Freundin Renee (Jessica Szohr) auf ihrem Sitzplatz, der natürlich genau jener ist, auf dem einst Donna saß und mit Tränen zu kämpfen hatte. Renee hatte James schon in der dritten Folge angehimmelt.

Nachdem das Lied in der neunten Folge der ursprünglichen Serie gespielt wurde, hatte übrigens BOB seinen ersten großen Auftritt. Erwartet uns in der nächsten Episode Schreckliches?

Sarah Palmer und das Fernsehen

Schon in Folge 12 haben wir die Mutter von Laura Palmer nicht in bester Verfassung gesehen (war sie das in der Serie je?). Sie kaufte sich billigen Fusel und hatte einen eigenartigen Panikanfall. Eine Vision von dunklen Männern (wir wissen ja nun, dass der böse Cooper und wohl noch ein paar Schergen dazu „Twin Peaks“ im Visier haben) ergriff sie. Nun sitzt Sarah Palmer (Grace Zabriskie) einsam in ihrem viel zu großen Haus und schaut wie alle depressive housewives Fernsehen im Akkord – und säuft dazu. Allerdings läuft der seltsame Boxkampf, den sie sich ansieht, in einer bedrückenden Dauerschleife. Ein unheimlicher Moment, der gleichsam an „Inland Empire“ und Lynchs frühe Kurzfilme denken lässt.

Ein niemals endender Boxkampf…
Ein niemals endender Boxkampf…

Audrey und Charlie

Was ist nur mit Audrey (Sherilyn Fenn) los? Das dürften sich viele Zuschauer gefragt haben, als sie in Folge 12 zum ersten Mal auftauchte und mit ihrem Ehemann (?) Charlie (Clark Middleton) ein wildes Wortgefecht austrug. Nun gibt es für ihr seltsames Verhalten endlich Aufklärung, zumindest ein wenig. Immer noch sitzen beide zusammen in ihrem gemeinsamen Haus. Charlie schweigt weiter beharrlich dazu, was er am Telefon von Angela erfahren hat. Audrey hingegen wirkt geistig verwirrt. „I feel like I’m somewhere else. Like I’m somebody else. Have you ever felt that?” Charlie weiß nicht so recht, was er mit ihren Worten anfangen soll, vermutet, dass sie auf Drogen sein könnte. „I’m not sure who I am“, sagt Audrey. „But I’m not me“. Da müssen wir ihr auch recht geben, denn wir wissen wirklich nicht, wer diese Audrey ist und auch nicht, warum sich ihr Mann wie ihr Psychiater gebärdet.

„Do I have to end your story, too?“ fragt er sie. Audrey vermutet: „Is that the story of the little girl who lived down the lane?“ Eine kaum verhohlene Anspielung auf den Film „Das Mädchen am Ende der Straße“ von 1976 mit Jodie Foster. In der Verfilmung des gleichnamigen Romans von Laird Koenig versucht sich ein frühreifes Mädchen, alleingelassen von ihrem Vater, mit seiner argwöhnischen, feindlichen Umwelt auseinanderzusetzen. Audrey beginnt plötzlich zu weinen – wie überhaupt sehr viele Tränen in der Folge vergossen werden – und sagt: „It’s like Ghostwood here“. Auch das ein Wort, das „Twin Peaks“-Fans bekannt vorkommen könnte, wurde so doch eines der Projekte genannt, das ihr Vater Ben (Richard Beymer) verfolgte. Er wollte einen Countryclub im Ghostwood Nationalpark errichten. Audrey hatte das Vorhaben in der letzten Folge, bevor es zur Bombenexplosion kam, bekämpft. Möglicherweise wurde sie bei dem Ereignis schwerer verletzt. Oder ist es doch ihr Sohn Richard, der sie beschäftigt? Eine der vielen Fan-Theorien, die zur Zeit durchs Netz geistern, deutet an, dass Audrey vom bösen Cooper vergewaltigt worden sein könnte – und Richard ist nun das tragische Ergebnis.

Der böse Cooper und Agent Phillip Jeffries

Die Häufigkeit, mit der Agent Jeffries (David Bowie) erwähnt wird, lässt eigentlich fast nur einen, allerdings fast unglaublichen Schluss zu: Hat David Bowie tatsächlich noch eine Szene für „Twin Peaks: The Return“ aufgenommen? Sehen wir den Musiker in einer der letzten Folgen? Bisher war dies absolut ausgeschlossen und wurde auch schon von mehreren Seiten dementiert. Es würde schlicht und einfach aber wohl die Sensation der neuen Season, wenn es diesen Auftritt doch noch gäbe. Aber die Wahrheit kennen bisher nur die Eulen…


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Showtime
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