10CC Alive , Glen Campbell, Rod Stewart & The Faces :: The Classic Hits Tour, Live, The Early Years (alle Wienerworld/In-Akustik)

Wo immer Wienerworld liegt – es muss eine wundersame Welt sein. So zauberisch und enigmatisch wie jene DVDs, die zwar abgefilmte Konzerte enthalten, aber keine Informationen darüber, keine Booklets. keine Daten, keine Orte. Bei lOcc erfährt man immerhin, dass es sich um die Comeback-Tournee durch Japan, 1993, handelt die verbliebenen Musiker (sportiv in Freizeitkleidung und in ganz unfeierlichem Bühnen-Ambiente, dazu grauslich beleuchtet) spielen „Welcome To Paradise“ und „Dreadlock Holiday“, auch „Paperback Writer“ und „Across The Universe“ von den Beatles, für die lOcc ja immer ein Faible hatten. Außerdem waren sie in den 70er Jahren die britische und sozusagen touristische Antwort auf Steely Dan. allerdings mit milderer Ironie und gediegenen Reggae-Anleihen. So schön gezwirbelt diese Wellness-Musik auch ist – sie badet immer auch nah am Sedativum. Die Japaner liebten lOcc. 3,0 Noch weniger Dokumente als von lOcc gibt es von Glen Campbell, jenem All-American Boy, der in der zweiten Hälfte der 60er Jahre die Songs von Jimmy Webb berühmt machte und als Studio-Gitarrist auch bei den Beach Boys mitwirkte. Campbell sah aus wie Jon Voight in „Midnight Cowboy“, spielte aber in „True Grit“ neben John Wayne und verlegte sich in den Siebzigern auf Alkohol und Country-Schnulzen, wurde natürlich auch gläubig. Dieser Auftritt – offenbar in Phoenix, Arizona, offenbar im Jahr 1990 – zeigt einen virilen, apfelbäckigen Texaner, der schneller spricht, als er die Gitarre spielen kann (und er kann verdammt schnell Gitarre spielen). Mit seinen Country-Profis und nicht mehr ganz treffsicherer Stimme navigiert er durch „By The Time I Get To Phoenix“, „Highwayman“, „Wichita Lineman“ und „Galveston“. das hier als „Galvestone“ geführt wird, eine Hommage an den noch größeren Hit „Rhinestone Cowboy“, den Campbell auch singt. Campbell witzelt beiläufig zwischen den Stücken, als warte draußen schon der Wagen, sülzt ein paar Beach Boys-Lieder, freut sich über Ralph McTells („Heißt er so?“) „Streets Of London“ und galoppiert mit „Gentle On My Mind“ aus dem geriatrischen Kur-Saal. Nach präzise 90 Minuten. 3,0 Auch Rod Stewarts Jahre mit den Faces sind einen Blick wert – und ach, Wienerworld, du bist die beste aller Welten, sogar davon hast du Bilder! Es waren die frühen Siebziger, man trug Mop und schrummte Blues-Rock. Stewarts habituelles Röhren, Krächzen, Brunftein, Schmirgeln und Gurgeln gab es schon dunnemals. Ron Wood auch, und John Peel ukulelte bei „Maggie Mae“ in „Top Of The Pops“. Am unteren Bildrand informiert ein Lauf band über das, was nicht zu sehen ist. Zeitungsausrisse werden eingeblendet – einen Off-Kommentar, gar Interviews gibt es nicht. Am Ende sagen die DVDs immer mit gutturaler, väterlicher Kino-Stimme: „The wonder of Wienerworld!“. Wir kosen dich, du Würstchen!

The Black Crowes

Freak’n’Roll… Into The Fog (Eagle Vision/Edel) Vergessen wir mal den Hippie-Shit – Teppiche und elektrische Kerzen, Rüschenhemden und fettige Haare. Jesus-Bart und Barfüßigkeit. Dann sind die Black Crowes eine tolle Band. Bei diesem Konzert im Sommer 2005 in San Francisco reißen sie einen selbst bei den allerlängsten Jams mit – und der einst notorisch übelgelaunte Chris Robinson macht sogar Scherze. Weil er mit seiner Weste wie ein Kellner aussieht, kündigt er „Service with a smile!“ an – und so ist das dann auch: mehr als zwei Stunden mit den gewünschten Hits, dazwischen nur ein kleiner Showstopper, als die Gitarristen den säuerlichen „Sunday Night Buttermilk Waltz“ anstimmen. Danach schlurft gleich wieder Robinson auf die Bühne und macht sich so breit, wie er kann. Gern theatralisch, am Ende – beim achtminütigen „Hard To Handle“ – auch mal extrem näselnd singt er, immer mit voller Kraft und verdächtig selig lächelnd.

Thin Lizzy

Thunder And Lightning Tour (RTE) Die alte Wehmut. Musiker, Freunde und Journalisten erinnern sich mit feuchten Augen an Phil Lynott, aber die Aufnahmen vom letzten Lizzy-Konzert in Irland, am 9. April 1983 in Dublin, hätten genügt, um zu erklären, was diese Band ausmachte – auch wenn das Konzert leider nur eine knappe Stunde dauert. Thin Lizzy hätten nicht mal die engen Lederhosen, Nietenarmbänder. John Sykes‘ Dauerwellen und die übliche Breitbeinigkeit gebraucht, sie waren schon ohne große Show eine Macht. Zwei Jahre später war der Mann, der noch lässiger raunzte, als Lemmy das kann, tot – und musste nicht mehr miterleben, wie viel all die Hardrocker der späten 80er Jahre bei ihm abschauten, wie oft dann aber die Posen das Talent ersetzten – und man langsam vergaß, dass da bei Phil Lynott mehr war als „Whiskey In The Jar“ (den er als „a song we have to play“ ankündigt), „The Boys Are Back In Town“ und ein fesselnder Groove – eine Seele nämlich, die so unverdrossen irisch war, dass auch die lautesten Gitarren sie nicht kleinkriegten.

Highwaymen

Live! (Sony BMG) „Willie, Waylon, Cash & Kris“ – nur einer darf den Nachnamen tragen, wie ein Qualitätssiegel. Er ist natürlich auch der, der herausragt. Nelson, Jennings und Kristofferson kommen damit klar, sie haben ganz offensichtlich eine Menge Spaß. 25 Stücke – von“Mama, Don’t Let Your Babies Grow up To Be Cowboys“ bis „Help Me Make It Through The Night“ -spielen sie 1990 im Nassau Coliseum auf Long Island und erzählen dazu Anekdötchen. Cash gibt „Ring of Fire“ routiniert, aber ohne Feuer, bei „Folsom Prison Blues“ spitzt ihn dann der dauergrinsende Kristofferson an. Die unscheinbareren Stücke sind oft die schöneren. Nelson lässt sich bei „City Of New Orleans“ trotz erhobener Faust nicht vom Pathos wegtragen, Kristofferson und Jennings kontrollieren bei „Living Legend“ den Kitsch. Diese vier Männer wissen genau, was sie machen. Manchmal zu genau, aber wer möchte ihnen das verdenken? Leute, die „Boy Named Sue“ oder „Me And Bobby McGee“ geschrieben haben, kann man nicht ernsthaft kritisieren – selbst wenn sie patriotischen Unsinn reden und gern die Flagge hissen.

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