4,0 Gene Clark – Set You Free 1964-74
Sundazed will uns in Kürze ein paar buchstäblich unerhörte Outtakes der „Fifth Dimension“-Sessions der Byrds bieten – ausgerechnet auf 25-Zentimeter-Vinyl. Bei Sony Music wiederum werkelt man offenbar immer noch an der klangtechnisch generalrenovierten, schon mehrfach verschobenen Neuauflage des Box-Sets der Band.
Nach der Doppel-CD „Flying High“ und diversen hervorragend remastered neu aufgelegten Solo-LPs präsentiert jetzt der australische Oldies-Spezialist Raven Records von Gene Clark diese Kollektion von Aufnahmen seiner Byrds-Jahre. Weithin eine Raritäten-Sammlung, bei der Sid Griff in jede Aufnahme fachkundig kommentiert. Er zitiert noch einmal Lillian Roxons Behauptung: „Time magazine called the Byrds Dylanized Beatles when the whole point was they were Beatleized Dylans.“ Was man so – jedenfalls zu dem Zeitpunkt, als das geschrieben wurde – nicht stehenlassen kann. Daß sich Crosby, Hillman oder McGuinn in den Anfangen der Band als ausnehmend talentierte Songschreiber (geschweige denn einem Dylan vergleichbar) präsentiert hätten, trifft einfach nicht zu. Beachtliche Qualitäten entwickelten sie erst mit der Zeit. Mußten sie auch spätestens zu dem Zeitpunkt, als Gene Clark die Band in Richtung Gosdin Brothers, Dillard & Clark und Solo-Karriere verließ. Es war der bedingungslos zu den Beatles konvertierte und deren Frisur „imitierende“ Country & Western-Adept Gene Clark gewesen, der auf den ersten LPs für viele der besten Originalsongs – neben denen von Dylan – gesorgt hatte. Das ging alles, wie auf „The Preflyte Sessions“ mit den frühen Jim-Dickinson-Produktionen auf zwei CDs dokumentiert, schon vorher los. Bei gut zwei Drittel dieser Aufnahmen war Gene Clark alleiniger oder Co-Autor gewesen.
Die Band entschied sich dafür, mit einem elektrifizierten Dylan-Song an den Karriere-Start zu gehen. Im übrigen hätte sie die ersten beiden LPs annähernd komplett mit Gene-Clark-Songs bestreiten können. Die ersten acht Aufnahmen auf „Set You Free… “ stammen aus diesen Anfängen, darunter Songjuwelen wie „Here Without You“, „Tomorrow’s A Long Ways Away“ in der akustischen und „I Knew I’d Want You“ wie auch „You Showed Me“ in den elektrischen Fassungen. Auf gar keinen Fall fehlen durften da frühe Meisterstücke wie „I Feel A Whole Lot Better“. Wenn jemand das für ein größeres Stück Country-Rock hält als die Byrds-Version von „Mr. Tambourine Man“, kann der dafür ein paar sehr gute Argumente ins Feld führen.
Neben den geläufigen Columbia-Aufnahmen findet man hier auch einige spätere, bei denen ihn die kompletten Byrds begleiteten. Und zum Schluß die drei von ihm gesungenen Aufnahmen der Byrds-„Reunion“ von 1973. Die besten, dort eigentlich einzig wichtigen. Ein Grund mehr, sich mit dieser vorzüglich überspielten CD anzufreunden.