4,0 Herman Dune Giant
Meine erste Begegnung mit Herman Dune hatte ich in einem winzig kleinen Hamburger Club mit angeschlossener Sauna. Ein bizarrer Laden, für bizarre Events. Draußen war es noch hell, anschließend sollten Kimya Dawson und Jeffrey Lewis ihre schrulligen Bänkellieder aufführen. Herman Dune, die beiden Brüder David-Ivar und Andre und ihr Sandkasten-Freund Neman, klangen schon damals anders. Musikalisch verspielter, handwerklich besser, jederzeit bereit zu einer unerwarteten kleinen Improvisation. Mehr als drei Jahre später, nach dem wunderbaren „Mas Ctrnibios“und dem großartigen „On Top“, ist „Giant“ der vorläufige Endpunkt einer Entwicklung, hin zu immer mehr Komplexität und Klangfülle. Die neu hinzu gekommene Percussionistin Lori Schonberg sorgt dafür, dass es permanent aufs Raffinierteste bimmelt, klopft, klackert und trommelt. Ohne gleich alles wegzublasen, setzen die Jon Natchez Bourbon Horns kräftige Farbtupfer, und die Woo-Woo-Sängermnen steuern hübsche kleine „Aaaaahhhs“ und „Oooohhhhhs“ bei, gern auch etwas Call-and- response- Gesang spürt bei jedem der 16 Songs, dass die aus Schweden stammende Band viel herumkommt. Andre lebt zurzeit in Berlin, die anderen in Paris und New York. Doch man glaubt oft, auch afrikanische Rhythmen zu hören, in „1-2-3/Appletree“ zum Beispiel, das so herrlich swingt und tänzelt. Das Ukulele-getriebene „Bristol“ geht in die gleiche Richtung und ist dabei von einer entspannten Lakonie: „We listend to Fred Neil, it sounded dark with the loudness on. You whispered to me. People whisper when a baby sleeps. You said: Will you need an extra blanket?‘ I said: „No“ Das ist zärtlich beobachteter Alltag, steckt voller Liebe und Hingabe an den Augenblick.
Im Unterschied zu anderen Bands, die solche Momente herausheben oder verklären, lassen Herman Dune die kleinen Dinge klein. Es gibt ja genug davon — wenn man sie erkennt. „No Master“ besteht nur aus Trommeln und Gesang und enthält amüsante Zeilen wie: „We all wore reading spectacles/ But didn’t get too political/ One of us was back from Israel/ I had spent a night inaGermanjail.“
Anti-Folk ist das schon lange nicht mehr, eher eine Art unaufgeregter akustischer Eklektizismus. Ein unprätentiöses Songwriting, das folkloristische Elemente so in die Musik einfließen lässt, wie es im zitierfreudigen Pop schon lange üblichist. Das Instrumental „Baby Bigger“, aber auch das folgende „This Summer“, erinnern dabei an Jeb Loy Nichols und seine Fellow Travellers.
Das Tolle an „Giant“ ist, dass diese musikalische Fülle so leicht und schwerelos klingt. „Sommermusik“ nennt man das gerne mal, und so viel ist klar: Herman Dune sind ein gutes Mittel gegen Winterdepressionen. (lLa Bels)