4,0 Modest Mouse We Were Dead Before The Ship Even Sank
Wer wissen will, wie es sich anhören würde, wenn die Pixies, Tom Waits und die Talking Heads auf einem Seelenverkäufer angeheuert und ein Matrosenorchester gegründet hätten, dem sei diese Platte ans Herz gelegt, die Modest Mouse-Kapitän lsaac Brock eine „nautical balalaika carnival romp“ nennt. Um Seemannsromantik geht es ihm aber nicht, wenn er auf „We Were Dead Before The Ship Euen Was Sinking“ immer wieder übers Herumschippern ohne Steuermann schimpft und Schiffen beim Untergehen zuschaut. Lieber nutzt er die mit Salzwasser durchtränkte Metaphorik, um poetisch verdichtet von Zorn, Überdruss und der Angst vorm Scheitern zu berichten. Und wie schon auf dem fabelhaften „Good News For People Who Lobe Bad News“ (2004) verleibt sich die Band in cleveren Songdramaturgien Indie- und Progrock, Folk und Funk, New Wave und HipHop ein.
Mit „March Into The Sea“ legen Modest Mouse torkelnd ab – einem grölenden Seebärenwalzer, der von einem quietschenden Akkordeon angestupst wird. Auf hoher See wird es dann Dramen der Ziel- und Orientierungslosigkeit geben, etwa wenn Brock im aufgebrachten „Florida“ feststellt: „Even as I left Florida/ Far enough, far enough wasn’t far enough/ Couldn’t quiet seem to escape myself/ Far enough, far enough from Florida.“ Im klaustrophobischen „Fly Trapped In A Jar“ wird er einen den Kajütenkoller spüren lassen; im von einem filigranen Gitarrennetz gehaltenen „People As Places As People“ fragen, was es eigentlich noch zu entdecken gibt.
Vom prominenten Neuzugang, dem Ex-Smith Johnny Marr, hätte man sich zwar etwas mehr erhofft als ein paar prägnante Gitarrenarbeiten (beispielsweise in „Fire It Up“). Doch dafür bietet das Album stampfende Krachmacher wie das von einem Funkbass bestimmte „Education‘ oder „Steam Engenius“, bei dem Brock lispelnd gegen Gitarrengehibbel ansingt, und epische Pop-Entwürfe wie „Parting Of The Sensory“, das düster drucksend beginnt, sich von Fiddle und Banjo aufgeschreckt aber zu einem bärbeißigen Charit freistrampelt, oder die Crossover-Suite „Spitting Venom“, ein Polka-Funkrock-Zwitter samt Mariachi-Trompeten-Finale.
Solche Songs dürften zwar all jene verwirren, die Modest Mouse nur als musikalische Statisten aus der TV-Serie „O.C., California“ kennen. Das pfiffige „Dashboard“, die 8os-Reminiszenz „We’ve Got Everything“, das sanft-bibbernde „Little Motel“ und die Wehmutsballade „Missed The Boat“ dürften sie aber vom Meutern abhalten. (REDINK/ ROUGH TRADE)