4,0 The Waterboys Book Of Lightning
Natürlich ist jede neue Waterboys-Platte immer ungefähr wie die letzte Waterboys-Platte. Geradezu rituell klingt auch Mike Scotts Ankündigung, diesmal sei er gewissermaßen zu Sound und Songs von „Fisherman’s Blues“ von 1988 zurückgekehrt. Das stimmt nie so ganz, und auch bei „Book Of Lightning“ ist es eine sehr ungefähre Angabe.
Denn dieses neue Album beginnt mit zwei geradlinigen, von der elektrischen Gitarre und hymnischen Refrains getragenen Songs, „The Crash Of Angel Wings“ und „Love Will Shoot You Down“. So bodenständig und unverstellt hier aufgespielt wird, so mystisch und märchenhaft ist Scotts Lyrik, wenn auch beinahe schwurbelfrei formuliert. Schon „Nobody’s Baby Anymore“ vereint Scotts berühmten Sprechgesang mit Scott Wickhams irisierender Fuzz-Fiddle und Tonnen von Klanggeröll, und die luftige, fabelhafte Ballade „Strange Arrangement“ ist genuines Scott-Land. Als „earth resonator“ wird bei allen Stücken Mark Smith geführt, und Scott zeichnet schon mal verantwortlich für „vocal, acoustic guitar, bellzoukis, Virtual shehnai, electnc guitar, waterkevs“.
Die größten Scott-Momente kommen wie stets, wenn der Druide zu seinen magischen Rhapsodien ausholt — hier bei „She Tried To Hold Me“ und „Everybody Takes A Tumble“, beide sieben Minuten lang und viel zu kurz – jeder Waterboys-Freund wird sich die euphorisierenden Songs im Geiste als mindestens doppelt so lang vorstellen. In „Hold Me“ singt Scott außerdem die unsterbliche Zeile „She told me I was unrealistic/ And then she went ballistic“.
Bei allen Geräuschen und Instrumenten fehlt hier die vielstimmige, mäandernde Folklore von „Fisherman’s Blues“, doch niemals fehlen Leidenschaft und Emphase. Roddy Lorimer spielt ein Trompetensolo bei „Sustain“. Und wieder erweist Scott mit seinem Gesang seinen beiden Altarheiligen die Reverenz, Patti Smith und Bob Dylan.Und Old Van Morrisons moanin‘ something ‚bout a copycat“.
Die Platte schließt mit einem kleinen Gebet: „The Man With The Wind At His Heels“. Und es würde uns sehr wundern, wenn dieser Mann nicht Mike Scott selbst wäre.