45 R.P M. :: VON WOLFGANG DOEBELING

Es sind ihre skurrilen Songgebilde, der unfertige brtrag, die verhuschten Vocals und die verhärmten Arrangements, die bei Fans Entzükken und bei ausgebufften Profis Befremden auslösen. BELLE & SEBASTI-AN sind die Antithese zur effizienten Popmaschinerie, in der ein Verwertungsrädchen ins andere greift und Kunst noch immer von Können kommt Wollen sich einfach nicht eingliedern. Und was für eine Ironie ist das, bei der man nie weiß, wer auf die Schippe genommen wird? „This Is Just A Modern Rock Song“ (Jeepster) lästert wieder so unbestimmt, halb feixend, halb selbstironisch: „This is just a modern rock song/ This is just a sorry lament/ We’re four boys in our corduroys/ We’re not terrific, but we’re competent“ Blur dürfte nicht die einzige Band sein, die da zusammenzuckt. „I’m not as clever as Mark Twain/ 1 on-K/ buy a book fbr die way it looks/ And I stick it on the shelf again.“ Damit ist nicht nur Noel ertappt. Die Musik des schottischen Oktetts versprüht abermals den amateurhaften Charme, doch was für ein Aufwand: Klampfen, Fiedeln, Orgeln, Bläser, Becken, Tambourines! Und eine Leierkastenmelodie, die erst nach mehr als sieben Minuten ihr Ende findet – „because a song has got to stop somewhere“. Wunderbar. Wie auch die drei neuen Songs auf der B-Seite der 12inch, vor allem r$low Graffiti“. 4,0 DANIEL JOHNSTON ist Texaner, haust aber, rein musikästhetisch gesehen, in einer ähnlichen Bruchbude wie Belle & Sebastian. „Dream Scream“ (Pickled Egg) ist sein erstes Lebenszeichen seit vier Jahren, beginnt ein bißchen wie Leon Russells „A Song Fbr bu“, fallt dann aber in einen kranken Walzertakt, trudelt aus wie ein rostiges Karussell, nur um sich nach dem fadenscheinigen Fade-Out via Fade-In zurückzumelden und per Piano-KIimpern zu verbeugen. Sehr versponnen. 3,5 Mit „Waltz # 2“ (Dreamworks) hat ELLIOTT SMITH den besten Track seiner exquisiten LP „XO“jetzt als Single veröffentlicht, und als Dreingabe gibt’s auf der Rückseite ein recht berückendes Instrumental titeis „Our Thing“, beschwingt und melodisch von diesem subversiven Zuschnitt, der

Elliott Smiths schönste Songs ja im allgemeinen ohnehin auszeichnet.

4,0 Split-Singles sind für gewöhnlich Billigprodukte und ihr Geld nicht wert. Diese auf dem famosen Chicagoer Label Bloodshot Records schon: „Highway 145“ von WHISKEYTOWN ist ein robuster Country-Rocker der Marke Bottle Rockets. Könnte auch als Demo zu Steve EaAes“Guitar 7o»n“durchgehen. Besser noch ist die andere Seite, ein so schräger wie sentimentaler Country-Heuler von NEKO CASE & THE SADIES: „My ’63“. Thema beider Songs ist Amerikas liebstes Hobby (neben Schußwaffen, Kadaverbratlingen, Religion, Jerry Springer, Oral Office, Stars & Stripes,SuperbowL, dem Greenback): Wheels, ba

Hwheels. 3,5

Bleiben wir gleich im Land der Freien und Tapferen: DEE LANNON hat nach längerer Pause wieder eine Platte gemacht Die vier Tracks ihrer „And The Angels Sing“-EP (On The Hill) chargieren zwischen Country, Rockabilly und dem mal baüadesken, mal flotten Jazz-Swing des Titelsongs. Zu cool und reduziert für die Swing-Konjunktur an den Küsten. Exzellent 4,0 Wie auch die erste 45 der JIVE BOM-BERS aus Austin, die sich dem Rhythm & Blues der Prä-Rock’n’Roll-Ära verschrieben haben. „Why Do bu Treat Me This Way?“ (Goofin‘ Records) ist relaxter Swing-Blues aus der Feder von Sean Young (Ex-High Noon), der das Stück auch singt, gemeinsam mit Dana Dattalo. Für denJive-Klassiker „Hole In The Wall“ übernimmt die Lady dann allein das Mikro, mit Gusto und stilechtem Timbre. Geht mächtig in die Beine. 4,0 Die HANDSOME BROTHERS aus Schweden frönen dem straighten Rock-’n’Roll. Das verwundert nicht, wenn man weiß, daß Rockabilly in Skandinavien weit mehr ist als eine Nische für Nostalgiker, wichtiger auch als die Swing-Welle für die USA, weil eben permanent. „She’s Like Wow!“ (Enviken/Rockin‘ Rollin‘ Products) ist klassisch und von Gene Vincent inspiriert, der Muddy-Waters-Blues-Standard „I Can’t Be Satisfied“ wird indes komplett zum Hillbilly-Bop umgedeutet und klingt hier, als hätte ihn Carl Perkins verfaßt Streng mono. 3,5

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