45 RPM von Wolfgang Doebeling

Ein weltweiter Millionseiler wurde „A Girl Like You“ erst im zweiten Anlauf. Überrascht wurden davon alle, nicht zuletzt EDWYN COLLINS selbst. Im Rückblick lassen sich die Dauerbrenner-Qualitäten leicht erklären: unverwechselbarer Sound qua Fuzz-Gitarre, Danceability mittels Faktor Stomp und ein Glücksgriff von einer Melodie, die dafür sorgen wird, daß sich dieser Song in 20 Jahren als Golden Oldie größter Beliebtheit erfreuen wird. Ein scheußliches Schicksal, das dem Nachfolger „Keep On Burning“ (Setanta) gewiß erspart bleiben wird, weil er zwar Sound und Rhythmus adäquat nachäfft, melodisch aber nur mäßig ausgerüstet ist. Das alte Follow-up-Dilemma: ein Remake. Man hätte Edwyn Collins mehr Phantasie zugetraut. Und mehr Intelligenz. 3,0

Von allen modernen Merseybeat-Bands sind CAST die mit Abstand Sixties-verliebtesten. Auf „Walkaway“ (Polydor) profilieren sie sich als legitime Nachfolger von Gerry & The Pacemakers: wackeligpathetischer Gesang zu getragener Melodie und einem so schunkeligen Backing, daß Gerry Marsden bei jeder Matinee in Blackpooler Bingo-Clubs dafür Beifallsstürme kassieren dürfte. Viel besser sind die beiden Tracks auf der B-Seite: „Fulfill“ und „Fine Line“ sind auch keine Knaller der Marke „Sandstorm“, aber semi-akustische Nettigkeiten, die mit jedem Hören gewinnen. Very good live band, too. 3,5

SHED SEVEN, wer hätte das gedacht, mausern sich zu einer mehr als passablen Pop-Band. Das Intro zu „Going For Gold“ (Polydor) ist zwar bei „Suspicious Minds“ entlehnt und die Gitarre folgt dem Trampelpfad, den Johnny Marr einst ins Unterholz geschlagen hatte und auf dem sich inzwischen allzu zahlreiche ideenlose Saitenfummler tummeln, aber der Song selbst kann sich durchaus hören lassen und „Making Waves“ auf der Rückseite ist mit seiner vollen Gitarren-Breitseite eher noch beeindruckender. Erfreulich auch, daß sich Sänger Rick Wider mittlerweile aller Morrissey-Manierismen entledigt hat. 3,5

In die United States: auch bei den STARKWEATHERS verbirgt sich das Juwel auf der Flipside, obwohl „Do You Like To Be Lied To?“ (Sub Pop) mit Mandoline und hübschem Twang aufwartet. Eine ganze Klasse besser jedoch ist „Town Of Shame“, ein Stück exquisiter Leftfield-Country-Rock mit einer Steel Guitar, deren Main Inspiration Buddy Cage sein muß. More, please. 4,0

Wenn Susan Cowsill und Vicki Peterson nicht für die Continental Drifters singen und spielen, sind sie die PSYCHO SISTERS und bescheiden sich meist mit akustischbeschwingtem Folk-Pop. „Timberline“ (So1) zeigt sie von einer anderen, rockigen Seite, nicht weit entfernt von Heart und deren robuster Gitarren-Fassade. Auch das Innenleben dieses Liedes, wie jenes der B-Seite „This Painting“, erinnert an so manche Aufnahme der Wilson-Schwestern, die freilich meist keine Ahnung davon hatten, wo die Demarkationslinie verläuft zwischen Powerpop und Hardrock. Vicki und Susan wissen um diesen schmalen Grat natürlich und bleiben so stets auf der richtigen Seite. 4,0

Bei SUPER DELUXE ist die Zuordnung klar. Sie gehören zur Speerspitze des US-Powerpop-Revivals, und „She Came On“ (Tim Kerr) hat in der Tat den Druck und Drive früher Bomp!-45’s. Unwiderstehlich sind die eine Minute und 35 Sekunden von „On Lisa“ mit dem frivolen Refrain „Where’s Dave? He’s on Lisa all the time, he’s on Lisa feelin‘ fine.“ Atta boy, Dave. 4,0

KATHY MURRAY ist ein Kind der Blues-Szene von Austin, Texas, doch hat das live aufgenommene „Spell It Out“ (Atomic Jukebox) nicht unerhebliche Soul-Qualitäten, während sich „Soul Shake“ paradoxerweise als reinster Rock’n’Roll entpuppt. Murrays Band nennt sich The Kilowatts, und das nicht von ungefähr, nimmt man das Energie-Level dieser Single zum Maßstab. Solid stuff. 3,5

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