45R.P.M. :: VON WOLFGANG DOEBELING

Der Verlust eines wichtigen Bandmitglieds kann das Ende einer Combo einläuten, aber auch Kräfte freisetzen, kreative Reserven mobilisieren. Die Manie Street Preachers haben das jüngst eindrucksvoll und exemplarisch vorgeführt. Möglich, daß THE CHARLATANS dem leuchtenden Beispiel der Manics nacheifern wollen: Ihre neue Single scheint ein Indiz dafür zu sein: „One To Another“ (Beggars Banquet) beginnt mit Prodigy-Gimmicks, läßt einen Stones-Beat anklingen, um sich sodann auf einen Screamadelica-Groove einzupendeln. Tim Burgess agitiert einmal mehr als juveniler Jagger, während Rob Col-Iins, der verblichene Hammond-Maestro, vielleicht zum letzten Mal zu vernehmen ist beim Pianotastendrücken für den Nicky-Hopkins-Gedächtnispreis. Fulminant 4,0 Nicht mit dem Stones-Knast-Klassiker, sondern mit ihrem ureigenen „We Love bu“ (Laurel) überraschen uns MENSWEAR, die noch nie so popmunter und schmuck geklungen haben, geradezu Sixties-selig. The Monkees meet The Move. Doch ein durchsichtiges Manöver ist es mitnichten, auch keine überflüssige Übung in Puzzle-Pop, denn irgendwo tief drin in diesem augenscheinlichen Rührstück rumort subversiv eine Pedal-Steel-Gitarre, und in Johnny Deans Stimme schwingt ein sinistrer Unterton. What’s going on? 4,0 SHED SEVEN sind da erheblich leichter zu lesen. Für „On Standby“ (Polydor) lassen sie die Gitarren verführerisch klingeln und behängen sie mit einer abgetragenen Smiths-Melodie, die freilich noch einiges hermacht. Mehr als ein Bonus ist die enthusiastische, nahezu naturgetreue Live-Version von .Jumping Jack Flash“ auf der B-Seite. Die Riffs kommen ein wenig zu mechanisch, aber das Saxophon ist hübsch integriert, und Rick Witter singt sich das Herz aus dem Leib. A celebration. 4,0 Unmittelbar auf das manierliche „Something For The Weekend“ lassen THE DIVINE COMEDY JBecoming More Like Alfie“ (Setanta) folgen, in dem Neil Hannon vor Streichern und Bläsern croont, ganz im Geiste von Gene Pitney. Splendid. 4,5 Seit sieben Jahren sind THE WANNADIES mit ihrem Britpop made in Sweden nun schon Geheimtip, doch weil man sich dafür nichts kaufen kann, trugen sie ihre Eulen nach Athen und verschaffen sich derzeit in Albion Gehör. „Someone Somewhere“ (Indolent) ist wieder perfekt gezirkelt, aber untypisch heavy und heftig instrumentiert. Powerpop mit mächtigem Aplomb.4,0 Aus Schweden kommen auch THE CONFUSIONS, die mit „Steroid Hearts“ (Oearspot/EFA) Zeugnis ablegen von einer in Skandinavien fast selbstverständlichen Melodie-Beflissenheit, hier unterlegt mit spröder Harmonika im Vers und monoton-pochenden Keyboards im Refrain, sowie mit leicht schrägem Sound-Beiwerk. Very eighties. 3,0 Noch weiter nördlich beheimatet, in Finnland, sind JALLA JAL-LA, deren satte, glänzende Panorama-Chords freilich auch aus Australien stammen könnten. Das Intro zu „Hospital Waltz“ (Twang!) evoziert „Friday On My Mind“, bevor sich die Story über ein sensibles Skelett im Wandschrank in einen brüsken Rhythmus rettet und ist eine Hookline, die eingängig ist, ohne abgewichst zu sein. Really good.3,5 Rockabilly ist in Finnland populärer als sonstwo, und SEAN MENCHER, wiewohl Amerikaner, ist dort bekannt wie ein bunter Hepcat. ,Jumpin‘ Irack“ (Ecco-Fonic) ist seine zweite Solo-Single und ein weiteres Showcase für famose Fingerfertigkeit und unbeirrbares Festhalten an schönster Tradition: vintage, timeless, brill. 4,5 Rock’n’Roll der ungestümeren Sorte spielen die DESPERADO 5 aus Berlin. „Unknown Woman“ (Candelabro) verzichtet auf jede Finesse und setzt dafür auf schweißtreibende Energieverbrennung und überdrehte Vocals, ohne Bremse. 3,0

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