Actress :: Hazyville / Ghettoville

Bassmusik ohne Bässe, die gerade durch ihre Blässe fasziniert

Alle Farben sind hier aus dem Klangbild gewichen, schemenhaft nur schält sich die Welt aus dem Dunst. Ein schwerer, von Geknirsch und Geknister umflorter Beat schleppt sich voran, von ferne grollt ein Gewitter, etwas zwitschert, oder schabt jemand mit einer Metallfeile auf Schrott? „R’n’B concrète“ nennt Darren Cunningham gerne seine Musik, die er unter dem Künstlernamen Actress veröffent­licht, eine soulvolle Tanzmusik, die mit großer Gründlichkeit von aller Tanzbarkeit und allem Soul befreit worden ist. Übrig geblieben sind faszinierend karge Miniaturen, in denen das ästhetische Material selbst in den Mittelpunkt tritt: Beats werden wie melodische Fragmente behandelt; was zur Melodie werden könnte, verflicht sich in engen Schleifen zum Rhythmus. „Hazyville“ hieß das erste Album, mit dem Actress 2008 auf der Bildfläche erschien. In einer mystisch-opulenten Drei-LP-Box hat er es jetzt wiederveröffentlicht – mit einem Sequel namens „Ghettoville“, das die klamm hallenden Sounds des Debüts zitiert und verfeinert.

Wie Burial und Zomby schöpft  Actress seine Inspiration aus der Bassmusik des letzten Jahrzehnts, aus Dubstep und Industrial Techno, um daraus eine Art abstrakten Autoren-Pop zu erschaffen. Doch stärker noch als bei den Geistesgeschwistern sind aus seiner Bassmusik alle Bässe gewichen. Sie sind bloß als Echos geblieben, als schillernde Schlieren; alle Klänge kleben hier im mittleren Frequenzbereich aneinander, und doch glaubt man auf seltsame Weise, eine volle, dynamische, nur vorübergehend komprimierte, in sich verfaltete Musik zu hören. Gerade weil sie so entfärbt und entsättigt erscheint, erschafft Actress mit seiner Kunst eine erhebende Sehnsucht nach Leben und Licht.

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