Adele :: 21

Mit ihrem zweiten Album bestätigt die Britin Adele Adkins, dass sie eine fabelhafte Songschreiberin ist.

Schön, was Adele Laurie Blue Adkins alles fehlt. Sie hat nicht den betörenden Blondinencharme von Duffy. Dafür quäkt sie auch nicht so aufdringlich. Sie kennt nicht die Hemmungslosigkeit von Amy Winehouse. Dafür gibt es von ihr Alben statt Schlagzeilen. Adele ist keine „Soul-Diva“, sie ist einfach eine fabelhafte Sängerin und Songschreiberin. Insofern kann man sie noch am ehesten mit Amy Macdonald vergleichen, die sich auch, wenngleich auf andere, noch stärker am Erfolg orientiertere Weise weigert, dem billigen Klischee der rehäugigen Retro-Chanteuse zu entsprechen.

Adeles Debüt – das mit dem großen Hit „Chasing Pavements“ – hieß „19“, das zweite nun schlicht „21“ (obwohl sie inzwischen 22 ist), und es ist tatsächlich die Weiterentwicklung, die uns die Londonerin versprochen hatte. Gleich bei „Rolling In The Deep“ haut sie ordentlich auf den Putz, singt zu Geklapper und Chor von verpassten Chancen – einen „dark bluesy gospel disco tune“ nennt sie das. In welche Diskos geht Adele? Die würde ich auch gern besuchen. Ebenso wuchtig gerät „Rumour Has It“, angetrieben von Eifersucht und Gefühlschaos, „Uh-uh“, unkt es im Hintergrund. Wenn dieses Album wirklich so autobiografisch ist, wie Adele sagt, was hat sie dann bloß erlebt in letzter Zeit?

Es geht allerdings auch sanfter. „Turning Tables“ ist sozusagen die Fortsetzung von „Chasing Pavements“: eine Ballade, bei der sie sich jedes Mal, wenn man befürchtet, jetzt klappert sie gleich Mariah-Carey-artig die Oktaven ab, wie es ihre Verehrerin Beyoncé machen würde, wieder zurücknimmt – und dadurch umso mehr berührt. Die mächtigen, aber niemals übertriebenen Arrangements helfen ihr dabei. Sie hat sich genau die richtigen Produzenten gesucht: Rick Rubin und Paul Epworth (Florence & The Machine, Bloc Party). Der eine weiß, dass man Lieder erst mal bis auf Skelett ausziehen muss, um zu sehen, ob genug Substanz da ist. Der andere kann sie dann wieder so aufpumpen, dass sie auch den letzten Radiohörer umhauen. Die Balance zwischen Demut und Durchsetzungskraft gelingt Adele mühelos, weil sie sich ihre Songs niemals wegnehmen lässt. Sie mag wie ein naives Mädchen aussehen und ist doch die Chefin bei diesen Aufnahmen, ob sie nun nur vom Klavier begleitet singt („Someone Like You“) oder vor einem großen Orchester. „I know I have a fickle heart/ And a bitterness/ And a wondering eye/ And a heaviness in my head“, stellt sie in „Don’t You Remember“ fest, um sich dann ohne jede Koketterie zu erkundigen, ob man sie nicht trotzdem, aus anderen Gründen, lieben könne? Eine rhetorische Frage.

Es gibt keinen Schwachpunkt auf „21“, auch wenn es manchmal ein bisschen anstrengend wird: Wenn Adele bei „Take It All“ allzu sehr barmt und jammert, dann möchte man ihr schon mal ein beruhigendes „Die Zeit heilt alle Wunden!“ zurufen, aber das stimmt natürlich gar nicht. Nach Dylans „To Make You Feel My Love“ covert sie nun den „Lovesong“ von The Cure, und singt dieses „I will always love you“ immer und immer wieder, langsamer als Robert Smith, aber mindestens so gequält, bis wir es nicht mehr hören können. Weil sie darauf bestehen muss. Weil es wahrer wird, wenn ihre sanfte Eindringlichkeit nicht nachlässt und es klingt, als stampfte sie mit dem Fuß auf, um allen im Studio und an den Radios zu sagen: „Ich weiß es besser.“ Ich jedenfalls glaube Adele jedes Wort.

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