Alanis Morissette :: Havoc And Bright Lights
Gefällige Rock-Schlager übers Mutter- und Menschsein
Wenn Künstler – egal welchen Geschlechts – ihr frisches Elternglück besingen, wird’s meist eng. Dann wünscht man selbst den Besten, die Ode an den Nachwuchs wäre doch besser da geblieben, wo sie hingehört (ins Kinderzimmer). Alanis Morissette, die eine Karriere darauf gebaut hat, ihr Innerstes eins zu eins nach außen zu kehren, kommt natürlich erst recht nicht umhin, ihre Mutterschaft gleich im ersten Stück ihres neuen Albums zu Markte zu tragen.
„I’ll be your keeper for life as your guardian“, verspricht die Kanadierin mit gewohnt heulendem Aplomb zu wuchtig-lichter Hookline, „I’ll be your warrior of care, your first warden.“ Um den zweijährigen Ever (ja, so heißt ihr Sohn) muss man sich also keine Sorgen machen. Oder vielleicht gerade doch. Seine Mutter sorgte sich trotz des strammen Hit-Kandidaten „Guardian“ offenbar um den richtigen Sound für das Pfund Pathos, das hier so sicher ist wie das Amen in der Kirche. So darf auf „Havoc And Bright Lights“ Joe Chicarelli (White Stripes, My Morning Jacket etc.) für ein bisschen Schmackes sorgen, während Guy Sigsworth (Björk, Madonna) wie schon auf dem Vorgänger „Flavors Of Entanglement“ mit seinen Loops und Synth-Schleifen für den atmosphärischen Überbau zuständig ist.
Im günstigsten Fall macht sich Morissette ziemlich frei von beiden und atmet zu der einsamen Marschtrommel in „Havoc“ mal richtig schön durch – letztlich die einzige Melodie, die man wirklich wiederhören möchte. In vielen ungünstigen Fällen („‚Til You“, „Empathy“, „Lens“, „Win And Win“) trifft sie hier einfach ziemlich exakt den Punkt, an dem Alternative-Rock längst zum besseren Singalong-Schlager mutiert ist. Dazu gibt’s Texte wie aus dem psychologischen Proseminar („Woman Down“). Und natürlich sorgt Alanis Morissette sich (neben Söhnchen Ever) auch um unsere Kultur. „Give me celebrity, my kingdom to be famous, tell me who I have to be starting to be famous“, bekrittelt sie die grassierende Ruhm- und Bilder-Sucht. Es ist dieselbe Frau, die Twittern schon für „Intimität“ hält. (Columbia Four/Sony) Jörg Feyer
Beste Songs: „Havoc“, „Receive“