Alanis Morissette

Jagged Little Pill Acoustic

Warner

Eine nette, unnötige Neuaufnahme des sagenhaften Debüts

Zehn Jahre sind also schon vergangen, seit „Jagged Little Pill“ veröffentlicht wurde. Muß uns Alanis Morissette unbedingt darauf aufmerksam machen, wie alt wir geworden sind? War aber ganz schön damals, an manches erinnert man sich gern: Das erste Mal „You Oughta Know“ hören und bei all dem Geschrei erst langsam verstehen, was diese Frau so wütend macht. Die neue Freundin ihres Ex gäbe eine gute Mutter ab, aber Alanis hatte mit ihm Oralsex im Kino, das muß doch mehr wert sein!

Diese Empörung in der Stimme, wie eine Ohrfeige. Das Video sehen, die herumfliegenden Haare und komischen Bewegungen – und feststellen, daß das Mädchen erst Anfang 20 ist. Da kommt noch einiges auf uns zu! Beobachten, wie sie vier Grammys und drei MTV-Awards und fast alles andere auch gewinnt und gar nicht durchdreht.

Zehn Jahre später hat Alanis Morissette „Jagged Little Pill“ neu aufgenommen, wieder mit Produzent Glen Ballard, aber ohne Krach. Natürlich bestehen die Songs auch in akustischer Verpackung. Besonders „Hand In My Pocket“ ist ganz entzückend mit seiner Durchhalte-Lyrik und der altmodischen Mundharmonika, „You Learn“ jetzt fast lässig in seiner Resignation, „Head Over Feet“ dagegen quirlig wie eh und je – es klingt gar nicht so anders als früher. Was die Aktion freilich ein bißchen sinnlos macht. Auf die Dauer nervt dann leider auch noch genau das, was beim Original so toll war: die überkippende Stimme, die jetzt natürlich noch viel deutlicher im Vordergrund steht, weil die dazwischenfunkenden Rockgitarren und das treibende Schlagzeug fehlen. Bei „Ironic“ begeht sie schließlich den kapitalen Fehler, witzig sein zu wollen. Sie textet plötzlich um: „It’s meeting the man of my dreams, and then meeting his beautiful husband.“ Statt „wife“, haha. Wer will von Alanis Morissette schon Humor haben?

Man fragt sich einfach die ganze Zeit, was sie mit dieser Neuaufnahme bezweckt. Wenn „Jagged Little Pill Acoustic“ einen nur daran erinnern sollte, wie ungekünstelt und kraftvoll, wie wunderbar wütend, wie herrlich exaltiert das ursprüngliche Album war, dann ist das geglückt. Mehr nicht.